Auf der Rückfahrt halten wir noch auf ein Eis an. Hier sind offenbar alle auf diese Idee gekommen. Der Winter ist während unserer Fahrt direkt in den Sommer übergegangen und jetzt wollen alle Eis. Wir natürlich auch.
Bevor wir zurückkehren, ist noch ein Zwischenstopp nötig, und das ist ein unerwartetes Novum. Dass ich mal mit Ute zum Schlazwaschen fahre, hätte ich nie gedacht.
Als wir so im Wasser stehen und schrubben, läuft eine Gruppe Spaziergänger vorbei. Die Mädels schieben Kinderwägen, die Kerle schlendern leicht aufgebrezelt hinterher. Ute schaut sich das an und sagt: „Näh.. so n langweiligen Typen wollte ich nicht haben.“ Ich muss schlucken und ein Freudentränchen verdrücken, schönstes Kompliment ever 😍
Dann aber geht es nach Hause. Bus ausladen, Vögel versorgen und dann gibt es die leckeren Mitbringsel aus Frankreich zum Abendessen.
Vieles auf dieser Reise war unerwartet und unerwartet schnell. Wir fuhren aus der Kälte an den Atlantik und kamen im Sommer zurück.
Wie schnell bei Ute die No Go‘s fallen ist auch atemberaubend. Klettern, Canyon, Höhle, wenn das so weitergeht muss ich bald neue Abenteuer erschließen.
Was allerdings nicht im Express verging war die Zeit. Wir blicken zurück auf einen gefühlt sehr langen Urlaub, obwohl es nur 11 Tage waren. Die gefühlte Zeit hängt stark von dem Erlebten ab. Füllt man die Zeit mit Erinnernswertem, dann dehnt sie sich, verbringt man sie im Hamsterrad, so schrumpfen selbst Jahre zu Nichts zusammen.
Wir heben die Gläser auf die Abenteuer. Die kleinen wie die Großen. Mögen sie uns so bald nicht ausgehen, und mögen wir bereit sein uns auf sie einzulassen.
Die Tagesetappe gestern führte uns wieder an den Platz der ersten Übernachtung.
Bei Expeditionen jenseits der Komfortzone haben sich Wiederholungen bewährt. Entsprechend wird heute nach dem Frühstückstee direkt wieder angeschlazt und abgeseilt. Das funktioniert diesmal schon ohne Schnäpschen.
Und so steht Ute wieder in der großen Eingangshalle wie vor einer guten Woche. Diesmal ist Zeit für Foto‘s und wir tauchen entspannt in die Unterwelt des Jura ab.
Wieder geht es den Hang hinab tiefer in die Höhle.
Schnell sind wir an dem Punkt an dem wir letztesmal umgekehrt sind. Eine kurze Beklemmung, dann beruhigen sich die Nerven, der Rückweg ab hier ist bekannt und bereits begangen, so geht es ohne Mentalballast weiter in neue Bereiche.
Ohne die komplett neue Erfahrung beim letzten Mal erlaubt es die Wiederholung nun die Höhle in der frisch erweiterten Komfortzone ohne die hohe Anspannung vom letzten Mal wahrzunehmen und festzustellen dass sich hier nichts mehr unmittelbar bedrohlich anfühlt.
Wir klettern auf und ab an Stalaktiten und Stalagmiten vorbei tiefer in die Höhle. Wir erreichen den Eingang in den nächsten und engeren Abschnitt. Ein Loch am Boden und abschüssig. Hier ist das Ende der Komfortzone erreicht. Ich krieche da mal rein und mache ein Foto von dem was einen da erwartet.
Die Deckenhöhe reicht nur noch knapp zum aufrecht stehen, dafür ist der Gang reich geschmückt.
Wenn man schonmal am Rande der Komfortzone angelangt ist, dann lohnt es sich immer mit Vorsicht die Grenzen auszuloten.
Nachdem ich die Passage demonstriert habe, kriecht Ute da mal rücklings rein.
Wenn‘s abschüssig ist, dann nie mit dem Kopf voran, das könnte böse enden.
Liegt sich doch recht entspannt hier und verursacht keine klaustrophoben Gefühle👍🏻
Das Rauskriechen ist eine neue Erfahrung, aber eine gute, denn sie zeigt dass das aus eigener Kraft und ohne Unterstützung funktioniert.
Darauf können wir bei der nächsten Wiederholung dann aufbauen.
Der Rückweg wird ausgiebig zum Fotografieren genutzt. Ute übernimmt die Wegfindung nach draußen. Eine nicht ganz unwichtige Erfahrung das mal gemacht zu haben. Man achtet im Anschluss ganz anders auf den Weg beim Reingehen 😁
Zurück am Bus geht das Grinsen weiter, ein schönes Symptom von solchen Abenteuern.
Wir füllen noch ein paar Kalorien nach und machen uns auf die Heimreise.
Zwei Orte weiter ist plötzlich alles zugeparkt. Wir schlängeln uns durch und erfahren den Grund für die Blechlawine. Ein Flohmarkt im Ort, und alle sind da. Wir natürlich auch.
Seit 2007 suchen und finden wir Geocaches. Das hat inzwischen zu fast 4000 Funden geführt. Der anstehende Meilensteinfund soll natürlich etwas Besonderes sein. Am Atlantik war davon weit und breit nichts zu sehen, und eine 0815 Filmdose am Wegesrand sollte es nicht sein. Also hielten wir Cache Diät. An unserem nach Klettergebiet ausgewählten Platz für die Nacht ist uns das Glück hold. Es gibt einen Cache in einem Klettersteig mit der Höchstwertung D5/T5. Ideal für die Nummer 4000.
Unser Zähler steht auf 3996 als wir gestern ankommen, und auf dem Weg zum Klettersteig gibt es noch drei weitere Caches. Die hatten wir gestern schonmal eingesackt so dass der Zähler heute Morgen auf 3999 steht.
Da wir viel vorhaben startet der Tag früh. Um 9:00 ist der Rucksack voll mit Kletterkram und los geht‘s.
Zunächst ist die Kletterroute „La Danielle“ 4+ dran.
La Danielle 4+, da geht‘s rauf…
Unter viel Fluchen und nicht immer sauberer Kletterei kämpfe ich mich angefeuert von Ute im Vorstieg nach oben. Eine 4+ hätte eigentlich leichter sein sollen. Nicht nur die Römer spinnen. Die Gallier auch 😁
Der Lohn der Mühe ist eine tolle Aussicht auf das Tal des Cher und den Blick zurück auf das gekletterte. Ute‘s Helm ist auch erahnbar 😁
Als Nächstes ist Ute dran. Dank perfektem Kettenstand in der gut durchgesicherten Sportkletterroute kann Ute die Route Top Rope klettern.
Mit einer kreativen Einbeziehung der rechts und links gelegenen Routen die zugegebenermaßen hier sehr eng beieinander liegen, gelingt die Aktion.
Das hätte ich nach der Vorstiegserfahrung nicht für möglich gehalten.
Tschacka! Gipfelselfie 😁
Als Nächstes ist der Klettersteig dran. Schuhe wechseln, Klettersteigset anlegen und auf zum 4000sten Fund.
Nach etwas Botanik geht es gleich schön los mit einem feinen Klettersteig.
Sogar Seilbrücken gibt es, und ein weiteres Wunder. Ute läuft da einfach drüber. War das jemals ein Problem?
In den leicht überhängenden Passagen blitzt dann nochmal kurz die alte Panik durch, was sich erst in rohrspatzartigen Tiraden und dann in spitzen Schreien äußert.
Aber auch das geht blitzschnell vorbei, war da eben was?
Es folgt ein schmaler Spalt. Ich rechne jeden Moment mit Schimpftiraden hinter mir, aber es bleibt still. Ute grinst mich an. Ist doch nicht eng hier? Für Dich vielleicht 😬🤣
So gut es im Klettersteig läuft, so schlecht läuft es mit unserem 4000er Fund. Wir finden nichts. Wir klappern die Seilbrücke auf dem Rückweg nochmal ab und sehen eine Prachteidechse:
Und dann wandelt sich Cacher‘s Leid in Cacher‘s Freud: ich erspähe die Dose, an unerwarteter Stelle zwar und nicht einfach zu erreichen, aber ich schaffe es. Fast habe ich die Dose in Händen, wähne den Fund geglückt und starre im nächsten Moment der abstürzenden Dose hinterher. Nooooooo!
Es hilft alles nichts. Absteigen und den mit dornigem Gestrüpp überwucherten Hang absuchen. Ich finde die Dose und habe sie fast, als sie mir wieder entgleitet. Nochmal durch das Gestrüpp und diesmal erwische ich sie. Loggen und nur noch wieder platzieren wo sie war… Kleinigkeit.
Mission 4000 erfolgreich 😁
Inzwischen ist das Thermometer auf 30 Grad geklettert und am Fluss ist es sehr schwül. Wir steigen aus dem Tal auf zurück zum Bus. Ich brauch erstmal eine kalte Dusche. Der Fluss unten versprach Abkühlung, aber war doch irgendwie sehr braun. Zum Glück haben wir ne Dusche an Bord und genug Wasser dabei 😁
So erfrischt essen wir erstmal was und machen uns dann auf die Nächste Etappe. Ein halber Tag Abenteuer und die andere Hälfte fahren. Zum Glück haben wir ne Klimaanlage. Das Wetter hat direkt auf Hochsommer umgeschaltet. 33 Grad. Puh!
Für heute waren 11 Sonnenstunden bei klarem Himmel angesagt. Eigentlich wollten wir den Vormittag zum Baden nutzen und uns dann auf den Rückweg machen.
Aber wie das mit dem Wetterbericht so ist, meistens kommt es anders. Es bleibt bedeckt. Wir packen zusammen und befreien den Bus von Pinienpollen, die Bäume hier haben alles gegeben um unseren Dicken zu bestäuben. Wie wohl Bus/Pinien Hybride aussehen?
Um 10 sind wir abreisebereit und die Sonne schaut einmal kurz hinter den Wolken vor. Wir beschließen nochmal kurz in die Wellen zu tauchen.
Bei der weiterhin kalten Wassertemperatur fällt der Abschied nicht allzu schwer.
Wir stoppen noch an der Markthalle in Soulac für ein paar Mitbringsel.
Der fangfrische Fisch sieht zwar toll aus, muss aber leider hier bleiben.
Soulac verabschiedet sich mit den typischen Sandstein/Ziegelhäusern und der überall beginnenden Baumblüte.
Für heute haben wir uns nur die halbe Strecke vorgenommen, da es glücklicherweise nicht in Strömen regnet wie auf der Hinfahrt, hoffen wir auf einen schönen Zwischenstopp bei Montlucon.
Die Radtour gestern hat uns so gut gefallen, dass wir heute gleich nochmal mit dem Rad loswollen. Wir haben die Mietdauer verlängert und die Bikes direkt am Bus geparkt.
Meins ist am Morgen vorne platt. Kein Problem, es wird direkt in ein neues getauscht. Ich überlege noch nach einer Luftpumpe zu fragen, aber wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dass ich die brauche? Wir starten also ohne Luftpumpe zu unserem Bäcker in Soulac. Es gibt wieder allerlei leckere Törtchen. Wir wählen diesmal wohlweislich die fruchtigen.
So gestärkt radeln wir los in Richtung Phare de Richard.
Die Tour hat Komoot geplant, und führt erstmal an einer Straße entlang. Wir beschließen einen Umweg von 5km in Kauf zu nehmen und dafür von der Straße runterzukommen. 2 Sehenswürdigkeiten gibt es noch obendrauf.
Ein ehemaliges Fischerdorf, das in eine Touristenattraktion umgestaltet wurde und, erreichbar über eine Route deformee,
die Muschelfarmen an der Gironde.
Unterwegs zum Leuchtturm gibt es auch noch viel Marschland und schöne alte Häuser zu sehen.
Nicht alle sind in so gutem Erhaltungszustand wie dieses..
Endlich kommt der erste Hinweis auf den Leuchtturm in Sicht. Fast 30km und es wird trotz bedecktem Himmel schon sehr warm, uns jedenfalls auf den ungewohnten Biobikes.
Auf den letzten Metern entdeckt Ute neue Fähigkeiten. Sie kann jetzt freihändig fahren.
Der letzte Versuch vor vielen Jahren endete noch mit einem Sturz. Es macht einen Unterschied ob man selbst zu der Überzeugung gelangt dass man das beherrscht, oder man das jemand anderem blind glaubt 😉
Am Leuchtturm angekommen gibt es erstmal Törtchen.
Und eine kleine Ruhepause.
Biobiking schlaucht ungewohnt.
Dann aber schauen wir uns den Turm an. Gegen 2,50€ kann man den Turm besteigen und im Anschluss das Museum besuchen. Der Turm erschien uns bei der Anfahrt schon recht übersichtlich, und das Treppenhaus ist entsprechend winzig. Ob das was für Ute ist?
Das Höhlentraining auf der Anreise war anscheinend effektiv. Von Klaustrophobie keine Spur. Und das hier war deutlich enger als die Höhle. Das hätte ich mal wieder nicht erwartet. Spätestens nach der ersten Windung der Wendeltreppe als es dunkel und leicht modrig wurde, rechnete ich sekündlich mit Lautäusserungen des Unbehangens und beginnender Panik. Nichts dergleichen war zu hören. Fortschritte schneller als man glauben kann.
Irgendwas fehlt doch hier? Zum Glück hab ich eine passende Ersatzleuchte dabei..
Leuchte installiert👍🏻
Im Museum erfahren wir dass der Turm tatsächlich zu klein geraten war. Kurz darauf wurde nebendran ein neuer Turm aus Stahlfachwerk aufgebaut, der die nötige Höhe hatte um die Schiffe sicher durch die schmale Fahrrinne der Gironde zu lotsen.
Wir erfahren auch was die merkwürdigen Plastikteile sind, die der Atlantik in Lacanau an den Strand spülte und über die wir uns wunderten, da sie recht häufig anzutreffen waren.
Es handelt sich um Nistplätze für Babyaustern. Dass die dann als Plastikmüll angespült werden ist natürlich nicht so schön.
Als wir uns auf den Rückweg machen wollen ist mein Vorderrad platt. Natürlich am weitest möglichen Punkt der Tour. Die Wahrscheinlichkeit war klein, aber eben nicht Null.
Am Leuchtturm gibt es aber einen kleinen Schuppen, mit einem netten Herrn in Fischertracht, der zufällig einen Kompressor hat, und das Rad im Nu aufpumpen kann. Glück gehabt.
Hoffentlich hält die Luft bis zurück…
Der Rückweg führt vorbei an Gehöften und kilometerlang schnurgrade durch ein Vogelparadies.
Wasservögel, Nutria, Störche
Die Frage ob die Luft hält wird 5km vor dem Campingplatz beantwortet: Nein.
Plattfuß
Der dritte entgegenkommende Radfahrer hat eine Pumpe, das hält nochmal einen guten Kilometer, aber die letzten 2km muss ich schieben. Es hätte schlimmer kommen können. Man hätte aber auch einfach eine Pumpe und Flickzeug mitnehmen können. Ich weiß es ja eigentlich besser..
Zurück am Platz gibt‘s erstmal eine Erfrischung nach fast 55km auf Biobikes.
Das reicht natürlich nicht aus zur Rehydrierung. Wir ziehen um zum Restaurant am Platz. 2 Bier bestellen, 1 bezahlen lautet das Angebot. Nehmen wir!
Was zu Essen gibt es auch. Als erstes kommen die Gewürze:
Ich schaue zweimal hin. Hätte mich nicht gewundert wenn da Natrumchlorid und 1-Piperoylpiperidin draufgestanden hätte 🤣
Die Pizza ist hervorragend, das Bier auch. Wir nehmen noch eine Runde. Der Wirt kann kaum glauben dass wir noch ein großes wollen. Viele Deutsche kommen hier wohl nicht her 😬
Der Campingplatz verleiht auch Fahrräder. Gestern gab es noch keine, die Saison ist gerade erst gestartet, aber für heute Morgen hat uns der Platzwart zwei Bikes versprochen.
Wir erhalten zwei Bio Bikes und machen uns zunächst auf den Weg nach Süden nach L‘ Amelie. Da waren wir vor Jahren mal und es ist gar nicht weit vom Campingplatz entfernt. Hier war Küstenerosion schon damals ein Problem.
Es ist nicht besser geworden. Die Spundwände gab es damals noch nicht, aber die Häuser an der Kante waren damals zu verkaufen. Ich hätte nicht gedacht dass die heute noch stehen.
An einer Hauswand begegnet uns die Astronautin von gestern wieder.
Wir machen uns auf den Weg nach Soulac, um dort zu Frühstücken.
Die Kirche von L‘Amelie
In Soulac angekommen stürzen wir in die nächste Bäckerei. Wir schlagen bei Allem zu was lecker aussieht, und das ist leider fast alles.
Wir starten mit Pain au Chocolat und Apfeltaschen.
Danach sind die kunstvollen Törtchen dran.
Nicht so leicht zu essen ohne Werkzeug, aber overlocked und sehr reichhaltig. Das schwarze ist gefüllt mit dreierlei Mousse au chocolat. Und zwar die sehr fettreiche französische Variante..
Zum Schluss muss noch was herzhaftes her um den Zuckerschock abzufedern.
Dann endlich geht es weiter. Die Törtchen wollen abtrainiert werden. Gut dass es Biobikes geworden sind.
Durch die Pinienwälder und Dünenlandschaften geht es parallel zu einer alten Eisenbahnstrecke schnell nach Norden. Bergab schneller, bergauf nicht ganz so schnell.
Päuschen unterwegs sind natürlich auch dabei.
Die abwechslungsreiche Landschaft lässt das Ziel schnell näherkommen.
Und dann sind wir am Zipfel des Medoc angelangt.
Von hier geht es nur noch per Fähre weiter nach Royan. Die warten wir noch ab.
Radeln aber doch lieber zurück in Richtung Soulac.
Wo wir uns von der Snackbar am Platz noch einen Aperol mixen lassen.
Zum Abendessen radeln wir nochmal nach L‘Amelie. In dem Restaurant da hatten wir damals mal sehr lecker gegessen. Die Inhaber sind vermutlich nicht mehr die selben. Es gibt Französisch/Asiatische Fusion Küche. Das Menü ist Interessant und lecker. Aber für ein 3 Gänge Menü sind die Portionen etwas zu groß, wir rollen zurück zum Platz. Mit Radsport hat das nichts mehr zu tun 😬
Schwimmende Insel und Crème brûlée
Bei unserem Fettgehalt schwimmen wir vermutlich auch oben auf..
Die Nacht im Pinienwald ist zwar verboten (Parkverbot zwischen 1:00 und 6:00 Ihr) aber ruhig. In der Vorsaison stört sich hier niemand an einem einzelnen Camper😁
Wir schlafen ungestört aus und dann bekommt Ute Zeit zum „fertigmachen“. Ich setze mich derweil an einen Picknicktisch und lese etwas. Wenn ich im Bus sitzen bleiben vermittelt das offenbar Zeitdruck😬
So können wir um 11 völlig entspannt in den Tag starten. Ich glaube das war schon der Grundstein für die heutige Challenge.
Wir fahren über eine mit Schlaglöchern gespickte Piste durch den Kiefernwald nach Norden. Unser Ziel: ein Campingplatz in Soulac-sur-mer der schon offen hat.
Besonderes Feature: direkt am Strand.
Leider etwas zu direkt. Vor zwei Wochen gab es eine Sturmflut die zu etwa 15m Küstenerosion führte erklärt man uns. Da wo vorher der Strandzugang war ist jetzt eine Abbruchkante.
Egal. Eine Dusche als Trumpf muss ausreichen. Wir checken ein und frühstücken erstmal gemütlich im Café am Platz, dann starten wir auf eine Strandwanderung Richtung Ortsmitte.
Einige Bunker am Strand zeugen von der näheren Vergangenheit, als die Deutschen sich auf diesen Landzipfel zurückzogen und schließlich geschlagen wurden. Teilweise werden die Bunker schon vom Meer beansprucht. Die Küstenerosion ist hier schon länger ein Thema.
Die Sonne scheint und wir ziehen die Schuhe aus. Barfuß am Strand ist einfach schön. Ute nähert sich dem Wasser und schwupps erwischt sie eine Welle. Ist doch noch recht frisch…
In Soulac angekommen bummeln wir durch die Stadt. Nur vereinzelt sind Geschäfte offen. Andere sind mit kreativen Bauzäunen verrammelt.
Eines der offenen ist ein Strandmodenladen. Da war ja noch eine Bikinichallenge offen scherze ich…
Ute findet einen schönen Bikini, aber wir gehen erstmal weiter. Nach 20m bringt Sie das Thema nochmal auf den Tisch. Ich bin einverstanden. Der Deal ist: ich zahle den Bikini wenn Ute damit, und nur damit bis zum Hals im Meer badet.
Auf dem Rückweg wird der Bikini probiert, sitzt, passt, sieht gut aus und Ute schlägt ein. Deal!
Zurück am Bus ist es schon vorbei mit dem Sonnenschein. Trotzdem will Ute mit dem Bikini baden gehen. Wenn sie sich was in den Kopf gesetzt hat, dann wird nicht gekniffen.
Wir packen die Badetasche und ab geht‘s an den Strand. Klamotten aus und ab Richtung Wasser…
Der Weg bis zum Wasser ist recht lang. Viel Zeit es sich nochmal anders zu überlegen, aber Deal ist Deal. Und Ute‘s Vorsatz lautet: einfach reingehen. Genau so funktioniert das.
Der erste Kontakt ist geschafft, langsam werden die Wellen höher.
Vor den höheren Wellen besteht ordentlicher Respekt, also lieber einmal abtauchen als weiter reingehen.
Bedingung erfüllt 👍🏻 und nix wie raus. 11 Grad sind nicht besonders angenehm auf Dauer.
Auf dem Weg aus dem Wasser kommt was immer kommt, wenn man seine Komfortzone erweitert hat: Ein breites Grinsen und die eigentliche Belohnung. Wer so strahlt kann einen Kartoffelsack tragen und sieh darin umwerfend aus. Der Bikini ist nur ein Bikini, aber die gewachsene Komfortzone ist ein ganz besonderes Geschenk. Die Realisation folgt umgehend, wir drehen um, und gehen nochmal rein. Ohne Angst vor der Kälte kann man nun die Wellen genießen und sich vergewissern dass das nun komfortabel ist. So komfortabel dass die mitgebrachten Klamotten in der Tasche bleiben und wir nass und in Badesachen zurück zum Bus gehen. Kälte ist relativ. Im Vergleich zum Wasser ist die Luft trotz Wind wärmer, und so können wir ganz entspannt zurück gehen. Das wird nach der warmen Dusche am Campingplatz dann wieder andersrum deutlich. Kaum ist das warme Wasser aus, frösteln wir gleich wieder.
Frisch geduscht und mit gewaschenen Haaren kochen wir uns Spaghetti. Pastis diesmal als Aperitiv und einen leckeren Rosé dazu, das schmeckt mit dem kleinen Abenteuer davor besonders gut 😋
Ein kleiner Abendspaziergang zur Abbruchkante zeigt unser Ziel für morgen. Wir planen eine Radtour zur Spitze des Zipfels des Medoc.
Die Nacht ist stellenweise sternenklar. Genau so eine Stelle erwischen wir für den nächtlichen Austritt.
Für den folgenden Tag ist viel Regen angesagt, wir packen zusammen und fahren nach Hourtin-Plage, da hat es uns gestern gut gefallen. Kleiner, beschaulicher und kaum was los.
Der Parkplatz mit Blick auf das Meer ist für Fahrzeuge unter 2m zugänglich, was für ein Glück für uns: Frühstück mit Blick auf‘s Meer. Frisches Brioche vom Handwerksbäcker in Lacanau. Wir schmieren gerade dick Butter drauf als wir die Zutaten googeln. Der Teig enthält je nach Rezept selbst schon 40-50% Fett. So kann der Tag gut starten. Energie genug wäre da…
Leider ziehen erstmal dicke Regenwolken durch. Wir ziehen das Frühstück in die Länge und kämpfen uns dann durch ein Exit-Spiel.
Gegen 5 ist endlich Schluss mit dem Regen und dem Lazy Day. Wir wandern den einsamen Strand lang. Herrlich und bitter nötig. Wenn ich keine Outdoorzeit bekomme, schlägt das inzwischen direkt auf die Stimmung.
Vorteil von Hourtin-Plage: wir haben den Strand für uns.
Die letzte Flut zieht sich hier noch durch einen Rest Erde zurück und bildet dabei faszinierende Bilder.
Zum Ende der Strandwanderung kommt die Sonne raus, und ich stürze mich nochmal in die Wellen. Diesmal mit Neo. Das verwandelt die Kälteerfahrung in eine sehr angenehme Zeit in den tollen Wellen. Merke: Frühling+Neo = Sommer 😎
Ute ist trotz mannigfaltiger Überredungsversuche nicht für ein Bad im Meer zu begeistern.
Aber wir haben ja noch ein paar Tage. Es fehlt vermutlich nur der passende Bikini 😉
Nach dem Abendessen im Restaurant gibt es noch einen zum Digestiv umfunktionierten Pastis mit etwas Käse.
Zusammen mit dem wirklich guten Rosé aus dem Restaurant ergibt das eine überzeugende Bettschwere. Trotzdem haben wir uns in die Pinienwälder zurückgezogen. Eine Nacht beim aktuellen Wind vorne am Meer würde Ute trotz Rose und Pastis vermutlich den Schlaf kosten.
Die Atlantikküste ist großflächig mit Pinien- und Kiefernwäldern zugewachsen durch die Feuerschneisen und Radwege führen. Wir leihen uns zwei e-bikes und radeln nach Hourtin-Plage.
Vorher stärken wir uns aber noch für die anstehende 30km Strecke mit einem Beignet. Die Apfelfüllung in Ute‘s Beignet ist reichlich, meine Salzkaramellfüllung gerät etwas sparsam.
Die Bikes sind Tiefeinsteiger mit ultra bequemem Sattel, ein Radnabenmotor aus China wurde irgendwie drangefummelt hat man den Eindruck. Die Steuerung hat 5 Stufen. Wir fangen mal vorsichtig mit Stufe 1 an. Gefühlt bringt das gar nichts.
Da es hin und zurück 60km werden belassen wir es trotzdem mal bei Stufe 1.
Von Lacanau aus gibt es eine richtig gut ausgebaute Fahrradstraße. Schön breit und glatt asphaltiert. Ab und an, wenn es bergab geht hat man den Eindruck dass der Motor kurz mitschiebt.
Recht bald weist ein Schild darauf hin dass die Strecke nun etwas derangiert ist.. und schon holpert es los.
Statt breiter Fahrradstrasse gibt es einen bröckeligen Betonstreifen in der Mitte. Wir lernen den Vorteil eines Fullys kennen. Diese Bikes haben keine Hinterradfederung und jede Bodenwelle schlägt voll durch. Das waren wir nicht mehr gewohnt.
Wir schaffen es ohne Bodenwellen induzierten Sturz bis Hourtin-Plage. Da waren wir auch mal. Ute war sich allerdings sicher dass sie da noch nie war. Die letzten Tage suchte sie unsere Unterkunft vom Urlaub mit Vogels in Lacanau… (relativ erfolglos)
Vom Strand aus links finden wir das Häuschen. Allerdings in Hourtin-Plage. Ich hatte ja eine Wette vorgeschlagen, dass wir in Hourtin waren. Der Verlierer muss im Bikini Baden gehen. (Ich war mir sehr sicher :-)) Wir diskutieren noch ob Ute die Wette eingegangen ist…
Am Strandcafe gib‘s Mittagessen. Wir wählen Camenbert Roti.
Wir sind gerade etwa halb durch den Käse, da sagt Ute: „Ich glaub ich hab ne Knoblauchzehe gegessen..“ „Glaub ich nicht“, sage ich. „Wer steckt denn Knoblauchzehen in den Käse?“ Kurz drauf beiße ich auf etwas dass sich wie eine Silberzwiebel anfühlt. Oh Schreck! Das wird doch nicht? Tatsächlich. Gründliches durchkämmen fördert je zwei weitere ganze Knoblauchzehen zu Tage.
Jetzt haben wir beide zum ersten Mal eine ganze Knoblauchzehe am Stück gegessen. Das hatten wir uns bisher nie getraut. Aus mehreren Gründen.
Zurück schaffen wir die Strecke deutlich schneller. Das könnte am Knoblauch liegen, oder daran dass wir rausgefunden haben wie bei dem Chinaböller Motor die Steuerung funktioniert. Lastabhängige Steuerung gibt es nicht.. die Stufe wählt nur die Geschwindigkeit bis zu der der Motor mitschiebt. Wir wählen Stufe 5, was uns noch etwas anschiebt auch wenn wir über 20km/h fahren. Den Hinweg sind wir quasi ohne Unterstützung geradelt.
Trotzdem ist der Akku bei Rückgabe noch reichlich gefüllt. Aber es war eine schöne Tour. Zum Abschluss gibt es noch ein dickes Eis, dann ziehen wir uns für einen Glühwein in den Bus zurück.
Ute probiert die Zubereitung im Kessel. Nicht die beste Idee wie sich zeigt als der Wein überkocht und sich der austretende Alkohol entzündet. Nach einem kurzen Schreck ist die Gefahr schnell gebannt und der Glühwein ist nicht zu stark entalkoholisiert.
Eigentlich wären wir jetzt reif für‘s Bett, aber die Zeitumstellung schlägt uns ein Schnippchen. Es wird einfach nicht dunkel. Wir gehen nochmal zum Strand. Gute Idee:
Für einen Absacker mit Canneles de Bordelaise und heißer Schoki reicht es auch noch, dann ist es endlich dunkel.