A delightful scramble

Beim Stöbern durch den Rother fiel mir vor ein paar Tagen Route 29 auf: Schwarz, 7h. Also eine der kürzeren schwarzen Touren. Außerdem mit dem Attribut „Top“ versehen und auf Skye. Ich hegte Hoffnung, Ute dafür begeistern zu können und las mal den Text vor.

Briten seien die unangefochtenen Weltmeister im Understatement, erfuhren wir. Da sich die Rother Autoren den Gewohnheiten des Gastlands anpassen wollten, hat es diese Route in den Wanderführer geschafft. Sie gilt hierzulande als „hillwalk“ mit einigen Passagen „scrambling“. Also eine Bergwanderung mit einigen Passagen, an denen man die Hände aus den Taschen nehmen könnte.

Die Autoren führten weiter aus, dass es sich mitnichten um eine Bergwanderung handelt, sondern um eine Klettertour, immerhin eine leichte. Definitiv aber die schwerste Tour in diesem Buch. Ute schaute mich an als hätte sie einen Geist gesehen. Das konnte ich doch unmöglich ernst meinen?

Ich las weiter. Über die Pinnacle Ridge, also den Zackengrat, geht es auf den Sgurr nan Gillean. Einen 3000er. Natürlich in Fuß gemessen. Damit ist der Berg einer der begehrten Munros. Ein Minister dieses Namens nutzte seine wertvolle Zeit dafür alle 3000er in Schottland zu katalogisieren und seither ist es ein Volkssport, Munro’s zu „baggen“, also einzusammeln. Mit dem Ben More haben wir bereits einen in der Tasche. Fehlen noch 281.

Weiter im Text: Klettern bis maximal Grad III, etwa 4 Stunden lang über 4 Zacken, von einer seilen die meisten etwa 25m ab statt abzuklettern, auch erfahrene Alpinisten seilen sich auf der Tour gerne an.

Also technisch sollten wir das hinkriegen, Seil wäre dabei, Grad 5 sind wir beide schon geklettert. Erwartungsvoll schaute ich zu Ute. Weit aufgerissene Augen schauten mich an. Nicht begeistert? Also ich fand die Beschreibung gut, besonders den Teil mit dem Understatement. Das hat doch was. Delightful hillwalk, a little scrambing, klingt doch richtig nett?

Heute ist es soweit. Unser Campingplatz liegt am Fuße des Sgurr nan Gillean, Tour 29 startet direkt hier. Ich versuche es nochmal.

Ute lässt sich von meiner Begeisterung nicht anstecken. Das kann ich gerne alleine machen, sie liest dann endlich mal im Buch, dass wir schon zwei Wochen durch die Gegend fahren. Und den Blog will sie auch weiterlesen, „den liest sie gern und weiß dann auch was wir alles Aufregendes gemacht haben“. Jetzt habe ich die aufgerissenen Augen und breche in Lachen aus.

Also gut, dann eben alleine. Das Understatement lasse ich mir nicht entgehen. Ute will mitgehen bis das „scrambling“ losgeht.

Ich packe meinen Rucksack für eine Tagestour und dazu eine Kopflampe. Könnte ja sein dass der Tag nicht reicht. Man weiß ja nie. Wir laufen los.

Ich erwische den falschen Einstieg, und wir laufen erstmal weglos durch eine sehr nasse Wiese. Es hat heute Nacht viel und ausdauernd geregnet mal wieder. Zum Glück war der Wind nicht so stark, und Ute konnte immerhin etwas schlafen.

Die Wolken haben sich noch nicht ganz verzogen. Der Sgurr nan Gillean ist noch in die selbigen gehüllt, ich hoffe dass die sich noch auflösen. Ich habe keine Ahnung was die Schotten unter scrambling genau verstehen. Im Nebel möchte ich das ungern herausfinden…

Wir kommen an einem Wasserfall vorbei. Sieht toll aus, vielleicht etwas Canyoning auf dem Rückweg? Auf den ersten Blick könnte das ein 5/6m Sprung sein. Erstmal aber will der 2. Munro verdient werden.

Das nächste Hindernis ist eine Brücke ohne Geländer. Ute verweigert. Wenn ich sie rübergeleite, bringt dass ja nix, sie muss da ja spätestens auf dem Rückweg alleine drüber.

Blockade im Kopf.

Aber jetzt schon trennen? Ich schlage vor, es auf allen 4en zu probieren. Das funktioniert.

Mit gesichertem Rückweg können wir noch ein Stück gemeinsam laufen. Es fängt nochmal an zu regnen. Der Weg verwandelt sich in ein Bachbett.

Flussbettwanderung

Ich finde das nächste „boghole“. So heissen hier diese Matschflecken, die unerwarteten Tiefgang haben. Schottische Spezialität, können bis zur Hüfte reichen. Ich verschwinde nur bis über den Knöchel darin.

Bogholefinder

Kurz darauf trennen sich unsere Wege. Ute macht sich auf den Rückweg, und ich fange an, etwas zu scramblen. Sehr entspannt, die Hände können noch in der Tasche bleiben und müssen nur raus um mal den Wasserfall abzulichten.

Sieht nicht schlecht aus, könnte ein Canyon sein.

Ich gewinne an Höhe und traversiere in die Nordflanke.

Blick zurück

Es wird steiler und die Hände müssen dauerhaft aus den Hostentaschen. Jetzt geht es wohl ernsthaft los mit dem scrambling.

So recht weiß ich nicht was mich erwartet, die Tourbeschreibung war recht knapp, wie steil und vor allem lang die Kletterpassagen sein werden, kann ich auch nicht einschätzen. Ich habe ein paar Klemmkeile dabei um mich ggf zwischenzusichern, aber im Moment geht es noch so. Die einzelnen Zacken sind im GPS nicht markiert, so fällt es schwer die eigene Position zu bestimmen. Ich folge grösstenteils erkennbaren Begehungsspuren und blicke ein ums andere Mal in unerwartete Abgründe. Die Kletterpassagen beschränken sich auf maximal 3m und es gibt reichlich Tritte und Griffe in sehr griffigem Fels.

Ab und an ist mal ein lockerer Stein dabei und das Wasser rinnt stellenweise von oben herab. Man hat respekteinflössende Tiefblicke und exponierte Traversen, in den Taschen bleibt hier nur die Kamera, die Hände bleiben beide am Fels.

Ein erstes lokales Maximum ist erreicht, ist das schon eine der vier Zacken? Ich mache erstmal ein Päuschen und esse einen Apfel.

Eine Nebelschwade kommt mit ziemlichem Tempo über einen Kamm und auf mich zu. Das gibt mir ein unmittelbares Gefühl von Dringlichkeit und ich beende die Pause vorzeitig.

wolkenvermittelte Dringlichkeit

Nachdem es einige Male auf und ab gegangen ist, blicke ich mal wieder in einen Abgrund. Upps. Das sieht steil aus. Mich beschleichen Zweifel ob ich richtig bin. Mit Ute wäre ich jetzt damit beschäftigt sie durch die Tour zu lotsen, alleine habe ich plötzlich die Aufgabe mein eigenes Kopfkino im Zaum zu halten. Das ist stellenweise nicht ganz einfach. Ich taste mich langsam weiter an den Abgrund bis ich bis unten sehen kann. Nicht kletterbar. Zumindest nicht für mich mit meinen boghole getauchten Bergstiefeln bei Nässe. Shit. Bin ich irgendwo falsch abgebogen? Ich schaue mich um. Rechts von mir könnte es kletterbarer sein, aber um hinzukommen muss ich wieder ein Stück rauf. Von oben sieht das nicht mehr so kletterbar aus, und es geht ordentlich abwärts. Bestimmt 20 Meter im 3. Grad und wenn man abrutscht geht’s recht direkt in den Canyon vom Aufstieg.

Was nun, denke ich, und seh oben etwas nicht natürliches. Da hängt eine Abseilschlinge. Die war in der Beschreibung erwähnt. Es passt mit dem was ich sehe zusammen, aber ich hatte das hier nicht erwartet. Bin ich wirklich schon am 3. Pinnacle? Ich glaube das nicht, sehe aber auch keine Option anders weiterzukommen und seile ab.

Hälfte geschafft,
da muss ich noch runter.

Am Ende vom Seil sieht es nach Begehungsspuren aus. Ich seile bis runter ab, und schaue mich um. Sieht nach kleinem Sattel aus. Sehr klein. Nach rechts ein schmales Band mit Begehungsspuren das im Rother nicht erwähnt war, nach links müsste ich zwei Meter aufsteigen um zu sehen was da kommt.

Ich beschließe das es so oder so weitergeht und da ich offensichtlich nicht der erste hier bin, ziehe ich das Seil ab. Mulmiges Gefühl.

Ich entscheide mich für das schmale Band am Abgrund und komme dort gut weiter. Es fühlt sich an als würde ich eine Zacke umrunden statt zu überklettern, und die Option ist im Rother nicht erwähnt, aber definitiv ein häufig begangener Weg. Eine Stelle zwingt mich nah an den Abgrund und das Band auf dem ich laufe wird verdammt schmal, dahinter geht es definitiv weiter. Ich hangele mich dran vorbei.

Nach der Umrundung geht es steil bergauf. Es wird fleißig gescrambled, aber es gibt genug Optionen und gute Griffe, zudem ist kein Abgrund mehr in Sicht. Ich finde problemlos eine Route weiter nach Oben. Dann sehe ich einen Kletterhelm. Ich bin nicht alleine hier oben. Ein verdammt gutes Gefühl.

Kurz drauf stehe ich auf dem Gipfel. Was für ein Gefühl.

Geschafft! Gipfel erreicht!
2nd Munroe bagged 😎

Kurz nach mir kommt eine Seilschaft an. Bergführer und Kundin. Ich frag mal nach: ja ich bin richtig und der 4. pinnacle wird üblicherweise umrundet. Runter geht es über den Ostgrat, Normalweg, kleiner hillwalk, little scrambling🤣 Ich bin erleichtert. Das Schwierigste liegt hinter mir.

So kann ich entspannt vespern und die Aussicht genießen. Eine Wolke zieht über den Westgrat und schafft eine tolle Atmosphäre. Dringlichkeit ist kein Teil dieser Atmosphäre. Ist ja nur noch ein kleiner hillwalk nach unten. Bisschen scrambling vielleicht.

gelöste Atmosphäre

Jedes Gipfelglück muss irgendwann enden, und so schiebe ich das Unvermeidliche nicht länger auf.

Auf geht‘s zum hillwalk

Nachdem der gratige Teil überwunden ist, geht der Abstieg schnell in eine Block- und dann eine Geröllhalde über. Und ermöglicht einen Seitenblick auf die Zacken über die ich aufstieg.

Pinnacle Ridge

Geröllhalde

Ich texte Ute ob sie mir nicht entgegen kommen will. Wir treffen uns an der Brücke. Ute kommt mir breit grinsend und aufrecht auf der Brücke entgegen.

Gehirn ausgetrickst.

Sie hat auf dem Rückweg ihr Gehirn ausgetrickst. Wanderstöcke in die Hand, schon dachte das Organ es gibt was zum Festhalten, und ermöglichte die aufrechte Überquerung. Nach 3 Wiederholungen geht es jetzt schon ohne die Wanderstöcke. Ich bin so stolz.

Am Wasserfall angekommen, schaue ich mir das genauer an. Ich könnte eine Abkühlung vertragen. Der Pool vor dem Wasserfall sieht tief aus, aber reicht das für einen Sprung aus 5m?

Schöner Sprung, aber auch sicher?

In Ermangelung von Neopren muss das Adamskostüm herhalten. Ich checke den Pool.

Das reicht noch nicht.
Leider nur Halstief. Zu wenig zum springen.

Der Sprung wird abgesagt, aber die Erfrischung bleibt.

Blick zurück

Auf dem Rückweg kommen wir an der Bar vorbei und nehmen auf den geglückten Hillwalk, das Hirnaustricksen und die Wiedervereinigung ein schottisches Bier. Alleine auf so einer Tour ist einfach nicht das Selbe. Wir wissen wieder was wir eigentlich aneinander haben. Im Alltag kann man sowas schonmal vergessen. Zum Glück neigen die Briten zum Understatement und zum Glück ließ sich der Rother darauf ein.

Prost!

Zurück am Campingplatz müssen erstmal die nassen Sachen versorgt werden, dann bestellen wir beim Codfather Fish und Chips. Er arbeitet noch dran aus dem C ein G zu machen, weit kann er davon nicht mehr entfernt sein. Der Mann ist ein Original.

The Codfather

Der Wind ist heute stark genug um die Midges fernzuhalten und schwach genug um es wärmetechnisch draußen auszuhalten. Das Open Air Essen ist bisher doch etwas zu kurz gekommen.

Fish, Chips & T

Ute hat ein neues Lieblingsgetränk: T, gerne zu verwechseln mit Tee 😎. Sie fragt mich, ob die Tour wirklich so toll war, wie der Rother schreibt: „Für den Könner ein berauschendes Erlebnis“. Ich habe darauf keine Antwort. War die Tour toll? Die Aussicht war zweifelsfrei top, aber war es berauschend? Ich fühle mich nicht als hätte ich eine berauschende Tour gemacht. Erst beim Zähneputzen komme ich drauf was zum Qualitätsprädikat gefehlt hat: Ute. Die Tour ist definitiv top – wenn man das Erlebnis mit jemandem teilen kann der einem sehr am Herzen liegt.

Fast geklettert

Skye gefällt uns ziemlich gut. Weniger Zäune und Verbote und immer mal ein Plätzchen wo man stehen könnte. Man fühlt sich willkommen. Dazu die traumhafte Küste und eine Briese die die Midges wegweht. Mehr als 10 km/h mögen die Mistviecher nicht.

Wir beschließen noch etwas hierzubleiben und uns umzuschauen. Vielleicht finden wir auch noch einen Spot zum Klettern.

Im Sportladen in Edinburgh bekamen wir den Tipp auf UKClimbing.com nach Klettergebieten zu suchen. Wir finden an der Nordseite von Skye einige Gebiete. Es sind Routen beschrieben mit Namen und Schwierigkeit, eine Koordinate zum Gebiet gibt es auch. Fotos oder Routenbeschreibungen gibt es leider nicht. Wir fahren das erste Gebiet mal an, es liegt an der Küste, nur 15 Minuten entfernt.

Wir parken in der Nähe und ich stelle meine nassen Bergstiefel unter den Wagen um sie im Wind zu trocknen. Dann stellen wir fest dass der Google Parkplatz nicht so optimal ist und setzen nochmal um. Ein kurzer Spaziergang an der Küste lang bringt uns an eine Abbruchkante, unten Basaltsäulen bis runter zum Meer.

In der Wiese stecken ab und an Metallpfosten. Sonst sind keine Hinweise auf Kletterei erkennbar.

Eine Wand, die so aussieht als könnte man relativ einfach wieder raufkommen, scheint mir geeignet um mal abzuseilen und sich das von unten anzuschauen.

Ich schlage ein Seil an dem Pfosten in der Wiese an und Seile ab. Die Stelle ist spektakulär. Ein Einschnitt in der Küste, offen zum Meer und trocken bei der aktuellen Tide.

Ausgang mit Boot

Zu den anderen 3 Seiten recken sich schwarze Basaltsäulen empor.

Ausgang mit Seil

Ich klettere mit Eigensicherung am Seil wieder rauf. Schöne einfache Route, aber ab und an sind die Griffe nicht fest und man hat einen Basaltklotz in der Hand. Unangenehm aber handhabbar.

Wieder oben versuche ich Ute die Kletterei schmackhaft zu machen und scheitere grandios. Zu viele Unbekannte, und überhaupt falsche Reihenfolge. Erst runter und dann rauf ist furchteinflössend wenn man drüber nachdenkt ob man wieder hoch kommt und kein Boot dabei hat als Plan B.

Wir entdecken noch ein paar Haken in der gegenüberliegenden Wand, aber auch das ändert nichts. Hier wird heute nicht geklettert.

Wir beschließen zum nächsten Spot zu fahren und da mal zu schauen. 20 Minuten nur, die Klettermöglichkeiten hier sind zahlreich. Die Küstenstraße um die Nordspitze von Skye ist der Hammer, richtig schöne Aussichten und einige Stellplätze mit Aussicht auf‘s Meer. Als ich eine Wandererin überhole fällt mir siedend heiß ein, dass meine Schuhe noch am ersten Parkplatz stehen. Mist. 20 Minuten zurück, die alten stinkenden Stiefel wollte keiner haben, also nehmen wir sie wieder an Bord, und halten an einer Ruine (Auf Skye ohne Eintritt und Touristenströme – sehr attraktiv) an um erstmal was zu essen.

Kirchenruine

Gut gestärkt fahren wir die schöne Straße ein drittes Mal. Sie verliert nichts von ihrem Zauber. Das nächste Klettergebiet benötigt 45 Minuten Zustieg zu Fuß. So weit wollen wir die Rucksäcke nicht schleppen wenn nicht klar ist dass die Bedingungen besser sind. Also steuern wir Option 3 an. Nochmal 15 Minuten. als wir ankommen regnet es. Zum klettern nicht optimal. Und irgendwie sieht das auf dem Satellitenbild aus, als wäre der Fels vorgelagert und von Wasser umgeben. Wir schauen uns das erstmal ohne die Ausrüstung an.

Wanderweg an der Seilküste lang, herrliche Ausblicke. Klasse.

Hinter der nächsten Ecke kommt der Kletterfelsen in Sicht:

Unfassbare Farben

Nur leider kommt man da trockenen Fußes nicht hin und müsste zuvor noch irgendwie die Klippen runterkommen.

Das Klettern heute schreiben wir ab und machen stattdessen eine Küstenwanderung daraus.

Skye Sphinx
Regenbogen 🌈
Quiraing im Hintergrund, da waren wir gestern.

Bei dem Wetter heute der absolute Knaller. Schottland macht Punkte gut. Wir fahren weiter nach Staffin und füllen die Vorräte auf. Dann suchen wir ein Plätzchen für die Nacht. Dabei kommen wir am Kilt Rock vorbei. Parkplatz mit vielen Touristen, da muss es was zu sehen geben. Und richtig:

Man sieht hier den Basalt auf dem Sandstein aufliegen, davor ein Wasserfall. Da jetzt abseilen … 😍 das wär‘s.

Am Strand von Staffin finden wir unser Plätzchen für die Nacht.

Zur Begrüßung gibt’s einen Regenbogen. Dafür nehmen wir den Regenguss vorher doch gernenin Kauf.

Eine Infotafel verrät: Am Strand wurden Dinosaurier Fusspuren gefunden, ich versuche welche zu entdecken und laufe den felsigen Strandbereich ab.

Große Füße hatte der gute…

Als der Wind etwas nachlässt ist die Luft wieder voll mit Midges. Spiegelei wird wieder drinnen gebraten.

So werden wir schnell reif für‘s Bettchen, der Sekt kurz vorher mag auch involviert gewesen sein 😆

Quiraing

Die Stimmung hat unter Midges und fehlenden einsamen Plätzen mit Aussicht schon etwas gelitten, der Regen macht es nicht besser.

Wir sind drauf und dran einfach umzudrehen und zurück zu fahren. Schottland hat uns noch nicht gepackt.

Wir hatten aber einen Tipp bekommen, dass wir auf jeden Fall eine Wanderung machen müssen: Quiraing. Wir reißen uns also zusammen und fahren noch die 4h nach Norden auf die Insel Skye.

Die Fahrt offenbart schonmal sehr sehr schöne Ausblicke, auf Skye selbst und kurz vorm Ziel wird es richtig schön. Auch die anderen Womos werden gefühlt weniger.

Am Parkplatz sind sie aber wieder alle da. Touris, Auto‘s Womos und Parkscheinautomaten. 5£ für 6h, übernachten verboten.

Wir wandern los. Nach ein paar Metern auf dem schönen und dicht begangenen Pfad biegen wir links ab nach oben. Kaum einer folgt, sehr gut.

Bergauf über eine saftige Wiese. Heißt: Schlammbad droht.

Parkplatz im Hintergrund
Ziel voraus.

Die Aussicht auf das zu erwandernde Spektakel ist vielversprechend. Es lauern matschige Stellen.

Ute vermeidet die Matsche und kommt langsam voran, immer wieder muss man bergauf ausweichen, wenn es geradeaus zu matschig wird. Das kostet Zeit.

Ich denke mir, dass das ja Wanderschuhe sind, die nicht grundlos wasserdicht sind und auch dreckig werden dürfen, Hauptsache ich bleib trocken und einigermaßen sauber.

Ich laufe einfach dem Weg nach und wenn’s matschig wird, einfach mitten durch. Ich komme schnell voran, der Plan geht auf denke ich grad, und latsche in die nächste Pfütze.

Ich sinke ein bis zum Knie. Die Hose ist nicht wasserdicht.

Wassereinbruch in Laufwerk A.

Fortan übe ich mich in britischem Understatement. Den wenigen entgegenkommenden erkläre ich bereitwillig, dass es nicht matschig ist. Absolut kein Problem, stellenweise etwas feucht maximal. Sie schauen zweifelnd an mir herunter.

Der Gesichtsausdruck und die Aussicht entschädigen für die feuchten Socken. Über die leicht feuchte Wiese geht es weiter bergauf. Ab und an kommt mal einer entgegen, aber streckenweise sind wir allein. So mögen wir das.

Über eine riesige nur noch leicht ansteigende Hochwiese nähern wir uns der Abbruchkante. Die Landschaft hier entstand durch Erdrutsche, als das weiche Gestein unter der oberen Basaltschicht nachgab. Zunächst tut sich eine Rinne auf und gibt einen kleinen Blick auf das Tourihighlight frei:

Etwas weiter sieht man das ganze Panorama hinter der Kante.

Quiraing
Etwas zugig an der Kante…

Auf dieser schwer zugänglichen Wiese haben sie früher das Vieh vor den Wikingern versteckt, und etwas später sollen hier „exzentrische Adelige“ mal Cricket gespielt haben. Das glaub ich sofort.

Für uns geht es an der Kante lang wieder bergab. Hier oben bläst ein heftiger Wind, der bereits das Gleichgewicht gefährden kann. Leicht unangenehm an so einer Kante.

An einer markanten Felswand, wendet sich unser Pfad zurück Richtung Parkplatz.

Bevor der kommt, kraxeln wir aber erstmal noch 120hm rauf, um auf die exzentrische Cricketwiese zu kommen.

da geht’s rauf
Das Teil nennt man „Die Nadel“

Um auf den Tisch zu kommen müssen wir noch etwas kraxeln, scrambling sagt man hier dazu.

The Table
Runde Cricket gefällig?

Im Steinkreis war es fast windstill, kaum sind wir durch die Zacken zurück in der Flanke, bläst es wieder kräftig. Dazu kommt noch etwas Regen. Fühlt sich an wie sandstrahlen.

Wasser und Wind von vorne

Zurück am Bus ist der Parkplatz schon deutlich leerer. Hoffentlich stehen die nicht alle schon auf den Stellplätzen.

Die ersten an denen wir vorbeikommen sind noch frei. Könnte dran liegen dass es noch kein Mobilfunknetz gibt. Tatsache, sobald das LTE Logo erscheint, sind die Stellplätze belegt.

Wir haben Glück und finden noch ein Plätzchen mit Aussicht.

Draußen bläst der Wind, die Pfannkuchen brate ich sehr zum Missfallen von Ute im Bus. Sie bringt noch schnell die Jacken in Sicherheit nach draußen. Lieber nass als Pfannkuchengeruch.

Pfannkuchen mit Aussicht

Zur Nacht bleibt auch das Dach zu, bei dem Wind wäre es oben vermutlich zu laut.

Midges

Die Idylle unseres Plätzchens für die Nacht scheint perfekt. Bächlein, Wiese, Einsamkeit.

Wir merken schnell, dass es hier summt in der Luft. Kurz darauf spüren wir die Bisse. Midges. Entsprechend wird die Idylle durch die Scheibe betrachtet. Tür auf nur im Notfall und anschließend muss erstmal mit dem Insekten-Schröter aufgeräumt werden. Zum Glück sind die Biester nicht zu klein und werden zuverlässig von der elektrischen Klatsche aus der Luft geholt.

Die Nacht ist einigermaßen ruhig und wir kommen fast ungeschoren davon. Morgens packen wir schnell zusammen und flüchten noch vor dem Frühstück. Im Ort kauften wir noch ein und nehmen einen Latte to Go auf den Weg.

Das Wetter ist regnerisch, perfekt für eine längere Fahrt. Wir wollen auf die Isle of Skye – etwa 4h entfernt.

Fahrtag …
… im Regen

Unterwegs drückt die Blase. Wir suchen einen geeigneten Platz für Fahrerwechsel und Pinkelpause. Leider ist weit und breit kein geeigneter Platz in Sicht. Man hat noch Ansprüche. Parkplatz um Parkplatz rauschen vorbei und werden aussortiert. Zu nah an der Straße, zu einsehbar, zu nah am Ort, dann regnet es zu sehr und am Ende stehen wir auf dem Zielparkplatz. Kein Sichtschutz weit und breit und Touristen in Hülle und Fülle.

Wir vespern erstmal und stärken uns für die Wanderung. Getrunken wird äußert sparsam, die Blase drückt schon sehr.

Scotlands First

Ist ein Geocache. Versteckt im Dezember des Jahres 2000. Den haben wir uns heute vorgenommen. Die Beschreibung ist einigermaßen nebulös. Von Glasgow eine Stunde, 15 nördlich und dann nochmal 90 Minuten den Berg nuff. Da liegt er dann unter einem Stein.

Was uns erwartet war einigermaßen klar. Ein Norweger war in einer Stunde oben, ein Ü70 Pärchen hat etwas länger gebraucht. Schauen wir mal…

Die Anfahrt von Glasgow unter Umfahrung von Glasgow hatten wir gestern schon, so können wir direkt los. Schöner Wanderweg, geschottert und breit, Kein Problem für die ersten 20 Minuten.

Von den angekündigten 7 Sonnenstunden sehen wir noch nichts. Das Ziel liegt bereits in den Wolken, immerhin ist am Boden kein Nebel.

Das Ziel liegt in den Wolken
Noch ist der Weg erkennbar.

Wir kommen am Abzweig des Pfades auf den Ben More vorbei. Leider ist das nicht unser Abzweig.

Wir dürfen noch ein paar Meter dem schönen breiten Schotterweg folgen.

Unser „Abzweig“

Unser Abzweig ist ein Bach. Rechts davon sollen wir weglos aufsteigen. 90 Minuten hieß es und dann ist da der Cache. Also los.

Saftige steile Wiese. Ute ist nicht begeistert. Der Kopf will nicht so recht mitspielen und projiziert Filme von Abrutschen und Abstürzen. Nicht hilfreich.

Steiles nasses Gras

Die Schafe sind verwirrt, hier kommt doch sonst keiner hoch? Was wollen die hier?

Was wollt ihr denn hier?

Mit Geduld und Serpentinen bezwingen wir das erste steile Stück, danach kommt etwas flacheres Gelände.

Das steilste Stück liegt unter uns.

Nach 1h50 haben wir das Versteck gefunden. Siegerfoto und vielleicht eine Vesper?

Irgendwie zu steil und zugig hier, machen wir uns halt auf den Rückweg. Auf den Abstieg weglos über die Wiese sind wir beide nicht scharf. Und wenn man schon halb oben ist, den Gipfel samt Glück liegen lassen? Ehe ich mich versehe plant Ute einen Aufstieg in Richtung dem vorhin ausgelassenen offiziellen Pfad auf den Ben More, und läuft gleich los. Nasse Wiese und noch steiler als das erste Stück, ich komme kaum hinterher und staune mal wieder Bauklötze wo das jetzt herkommt? Eben noch den Tränen nahe und im Absturz begriffen, zischt sie jetzt den Berg rauf.

In Nullkommanix sind wir an der Wolkengrenze.

Los, weiter, wo bleibst du?

Wir zählen die Höhenmeter runter und kommen dem Gipfel immer näher.

Oben angekommen suchen wir uns ein Windschatten Plätzchen und Vespern erstmal.

So sieht Gipfelglück aus 🤣

Weil’s so gut lief, wählen wir den Abstieg „hinten rum“. Eine richtig gute Wahl. Bizzarre Felsen im Nebel. Cool.

Jetzt hat die Wanderung richtig was zu bieten. Ich kenne jemanden der sowas „arg schön“ nennen würde. Ich könnte es nicht besser formulieren🤩

Aus dem Nebel taucht die Landschaft auf
Das ganze Panorama
Hach…

Nach einer sehr saftigen Wiese (wir standen knöcheltief im Matsch) kommt auch noch ein Wasserfall.

Yeah! Canyoning 😎

Da leider kein Setzzeug dabei ist, geht‘s zu Fuß weiter. Naja, ich hatte ja grad erst ne Woche Canyoning.

Die Schafe sind auch froh, dass wir wieder auf dem Weg sind und setzten das wiederkäuen in aller Ruhe fort.

Als wir an unserem Einstiegspunkt für die steile Wiese vorbeikommen, sehen wir, wie sich eine 4er Gruppe, anscheinend eine Familie, da hocharbeitet. Vater vorraus, der Rest hinterher. Auf halber Höhe im Steilstück bleiben 3 sitzen und einer klettert weiter. Später lesen, wir dass das Unterfangen abgebrochen wurde, da leider nicht familientauglich. Das ist wohl eine korrekte Einschätzung, wenn man norwegische Familien da mal ausklammert🤣

Wir wollen noch etwas weiter in Richtung Isle of Skye und fahren noch ein Stück nach Norden.

Sehr schöne Strecke, aber wir fahren Kolonne. Busse, Womos, PKW. In einer laaangen Perlenkette durch‘s Tal. An jedem Parkplatz alles voll mit Fotografen und Campern, die schon die Tische auspacken. Der nächste gut klingende Übernachtungsplatz ist unserer. Wir kriegen grad noch einen Flecken ab, 2 waren schon vor uns hier.

Die Aussicht ist einfach schön, leider genießen wir sie nur durch die Scheibe, draußen sind die Midges. Wir bleiben im Bus und kochen Abendessen. Spaghetti Bolo mit Chilisalz. Kannste nix falsch machen. Einfach lecker.

Good bye Edinburgh

Die Nacht durch regnet es weiter, auch morgens tröpfelt es munter auf das Dach. Wir drehen uns nochmal um in der Hoffnung später trocken zusammenpacken zu können.

Um 11 sehen wir ein dass der Plan nicht aufgeht, bis 12 müssen wir vom Platz sein. Also nochmal schnell die Dusche nutzen und im Niesel das nasse Dachzelt einpacken. Alles ist etwas klamm, aber es hilft nichts. Wir müssen los.

Wir stoppen noch am Tesco und Bunkern mehr von dem Cranberry Blueberry Käse, dann starten wir in Richtung Highlands. Heimat der berüchtigten Midges. Kleine, harmlos wirkende Fliegen, die allerdings beißen und zu Millionen auftreten.

Das Beste Mittel dagegen, so heißt es sei „Smidge“ und überall in Schottland erhältlich. Entsprechend haben wir gestern versucht das Mittel zu besorgen. In zwei Drogerien und Apotheken war es nicht zu bekommen. Die Auskunft war nur: das führen wir nicht, aber wir haben was für die Tropen. Nun ja, tropisch ist es hier grad nicht.

Beim Outdoorladen allerdings wurden wir dann fündig und sind nun gerüstet uns gegen die Vampire der Highlands verteidigen zu können.

Neben der Wettervorhersage gibt es hier auch eine Midge Vorhersage. Unser Ziel für heute im Loch Lomond Nationalpark ist mit Stufe 1 von 5 aktuell völlig harmlos. Wir sind mutig und steigen in kurzen Hosen aus. Nichts passiert. Dann mal los. Rother Wanderung Nr. 8 auf den Ben A‘an. Zwei Stunden sind angesetzt, und die Aussicht soll eine der schönsten in Schottland sein. Eine gute Wahl um nach der Festivalphase langsam wieder an‘s Wandern zu kommen.

Erstmal müssen wir aber mal ein Parkticket kaufen. Alles Land in Schottland gehört jemandem. Hier ist es ein schottischer Minister, der offenbar knapp bei Kasse ist, oder eben einfach nur ein sprichwörtlicher Schotte. Eine Stunde auf dem Ben A’an Wanderparkplatz kostet 2£, Auf den Berg und zurück ist in einer Stunde nicht machbar, zum Glück gibt es ein Tagesticket für 5£ 🥳

Dafür informiert man uns per Tafel dann aber auch über alles Wissenswerte.

Anleitung für Leute die noch nie aus der Stadt raus kamen und sich dennoch hierher verlaufen haben…

Zuerst mal gibt es Himbeeren satt, und wir stärken uns für den Aufstieg durch zunächst sanft ansteigende Erika. Der Weg sieht verdächtig nach der Arbeit nepalesischer Sherpa aus. Breit und wo immer nötig mit Stufen ausgestattet. So kommt man komfortabel voran, ist nur leider keinesfalls alleine. Am Parkplatz gibt es auch Tickets für Busse: 14£ ab 7 Sitze. Von denen kamen uns bei der Anfahrt einige auf dem recht schmalen Strässchen entgegen.

Der Blick zurück fällt auf ansehnliche Landsitze. Vermutlich von gewissen schottischen Ministern.

Die letzte Etappe wird nochmal etwas steiler, aber dann sind wir oben. Zwischen all den Erika und Heidelbeeren ist irgendwo ein Cache versteckt.

Suchbild

Die Aussicht kann sich sehen lassen, es fehlt eigentlich nur etwas Sonne und Einsamkeit.

Planet Schottland

Ein Kind bettelt recht penetrant akustisch um Aufmerksamkeit. Die Eltern sind mit der Kamera und der Aussicht beschäftigt. Als es anfängt Steine den Berg runterzuwerfen werde ich mal kurz laut, ab da hat es die gewünschte Aufmerksamkeit seiner Eltern 😬

Aussicht auf die nächsten Tage. Könnte gut werden 😎

Bergab kommen die neuen Wanderstöcke zum Einsatz. German Engineering, da kann nix schiefgehen. Trust me. I‘m an Engineer 🤣

Auf halber Strecke kommt uns eine größere Gruppe entgegen. Da hat unten wohl wirklich ein Bus 14£ für den Minister übrig gehabt. Von Norwegischen Völkerwanderungen an den Tourihighlights sind wir zum Glück noch deutlich entfernt, trotzdem gut dass wir uns ab morgen auf einsamerem Pfaden tummeln werden.

100m vor dem Parkplatz steht ein Baumstumpf in den man Geldstücke gesteckt hat.

Wir freuen uns. Immerhin eine Möglichkeit die Ausgaben für den Parkplatz zu refinanzieren, denken wir…

Natürlich wurden die Münzen per Hammer eingeschlagen und sitzen bombenfest. Hier liegt kein Geld am Wegesrand. Nicht hier. In Schottland.

Wir fahren noch eine knappe Stunde weiter um dann morgen gleich loszukönnen und gehen zum gemütlichen Teil über.

Geschnetzeltes an Reis und Salat. Ne Kerze für die Atmosphere und etwas Rotwein. Den Rest erledigt: Chilisalz. Camping Universalgewürz par excellence. Sollte irgendwas nicht schmecken, Chilisalz richtet es 😎 Nur bei Wein hilft es nicht, aber da muss man einfach nur weitertrinken bis er schmeckt. Ganz einfach. Beides ist heute nicht nötig, Wein Stimmung und Geschnetzeltes sind einwandfrei. Prost!

More Fringe

In der Nacht ist die Hitzewelle definitiv zu Ende. Es beginnt zu regnen. Wir haben in weiser Voraussicht dem Bus die Regenhaube übergezogen und schlafen aus.

Bei einer Tasse Tee blättern wir durch das schier unfassbare Angebot an Veranstaltungen. Wir schränken das ganze auf wenig sprachlastige Shows ein und buchen schließlich zwei aus gefühlt 1000.

Gegen Mittag sind wir bei leichtem Regen in der Stadt und bleiben direkt beim ersten Street Act stehen.

Anlauf, Absprung, Salto, Landung 👍🏻

Weiter geht‘s in ein Café was Ute ergoogelt hat. Urig, klein und sogar ein freier Tisch für uns. Das Motto sind Audiokassetten.

Wir stärken uns mit Kuchen und einer halben Stulle. Wo haben die das substanzielle Brot her? Im Supermarkt gibt‘s nur Schwammbrot, das man problemlos auf 1/3 des Volumens zusammenschieben kann.

Wir diskutieren unseren Plan auszusteigen und in Irland ein Camping Café mit Schafzucht und Abenteuertouren aufzumachen.

Uns fällt auf dass wir dann arbeiten müssen wenn andere Urlaub machen und verschieben den Plan auf unbestimmte Zeit. Noch haben wir ja Urlaub.

Bis zur ersten Vorstellung um 17:45 haben wir noch Zeit und bummeln durch die Stadt. Den Regenschirm haben wir im Bus gelassen, entsprechend überlegen wir mehrfach noch einen zu kaufen. Es regnet immer mal wieder auch mehr als ein paar Tropfen. Wir kaufen zwar keinen Regenschirm, dafür aber Wanderstöcke. Die haben wir auch vergessen daheim im Keller🙄 Ute führt harte Preisverhandlungen, aber der Verkäufer lässt sich nicht erweichen. Ist schließlich German Engineering, das beste was man kaufen kann. Dagegen können und wollen wir nicht argumentieren. Endlich erkennt das mal wieder einer 😊

Als wir endlich zum Hafen aufbrechen wollen, der sehenswert sein soll, stellen wir fest dass wir dafür keine Zeit mehr haben. Wir machen uns auf zum Ort der Vorstellung. Unterwegs gibt es noch etwas Sightseeing.

Heute sind doch etwas mehr Regenschirme unterwegs, das ist jetzt wohl auch für den ein oder anderen Schotten mehr als erhöhte Luftfeuchtigkeit. Wir kommen noch grad so ohne durch. Warscheinlich werden wir bald eingebürgert, wenn niemand die Sache mit den Stöcken verrät 🤐

Ute redet immer wieder davon, dass hier viele kleine Leute sind, was mir bis eben nicht so aufgefallen war, aber da hat sie wohl recht:

Die Zeit reicht gerade noch für ein Pint im Pub. Als ich die Bierkarte sehe, ist völlig klar was ich probieren werde.

Gute Wahl 😋

Die Vorstellung ist völlig anders als erwartet und doch eher textlastig. Ute hat anfangs Schwierigkeiten zu folgen, ich bin erleichtert dass ich alles verstehe. Hab nur etwas gebraucht mich von indochinesischem Englisch auf das echte umzustellen. Auch Ute gewöhnt sich schnell ein. Was hier 5 Schauspieler mit kaum Requisiten aus H.G. Wells invisible man machen ist schon echt gut. Turbulent und unterhaltsam und es tut richtig gut mal wieder Kultur zu erleben.

Das feiern wir mit einem Bier und guter Konversation im Pub. Bis zur nächsten Vorstellung haben wir genug Zeit für einen Burger und nochmal Bierexperimente. Das Peach Melba Bier ist nicht ganz so gelungen wie das Campervan Bier. Kommt vielleicht besser als Sorbet.

Unglaubliche Auswahl schon wieder.

Die zweite Show hat Seifenblasen für Erwachsene zum Thema. Wir sind einigermaßen gespannt was das zu bedeuten hat. Es wird turbulent, komisch, obszön, sinnlich, liebevoll und verstörend zugleich. Eine furiose Darbietung die man kaum beschreiben kann. Unerwartet und sehenswert auf tiefem und hohen Niveau.

Draußen empfängt uns wieder der Dauerregen für den das Land so bekannt ist. Die Stadt kann aber auch im Regen etwas bieten, sie hat darin wohl Übung.

Edinburgh@Night
Lichtshow vom Castle
Blick zurück von der Bushaltestelle

Das Edinburgh Castle hatte heute keine Besuchsticket mehr zu verkaufen, verabschiedet uns allerdings mit einer Licht- und Feuerwerksshow. Das sind ist auch eine gute Art sich zu verabschieden. Wir brechen morgen in Richtung Highlands auf. Bevor es in die Einsamkeit geht, ist morgen Loch Lomond geplant. Ein Tourihotspot. Vermutlich ist es besser den anzufahren, nachdem wir uns in Edinburgh desensibilisiert haben was Menschenmassen angeht.

Fringe

Der Platz mit der tollen Aussicht hat einen Nachteil. Er ist voll. Irgendwo nebenan hört noch jemand Musik und lässt dazu den Motor laufen, vermutlich um die Batterien zu laden.

So gegen 11 ist dann aber endlich Ruhe und wir können ausschlafen.

Der Morgen hält Nebel bereit. Kaffee mit Blick auf‘s Meer fällt aus. wir lassen es langsam angehen, vor 13 Uhr können wir nicht auf den gebuchten Campingplatz und um hinzukommen sind es nur 20 Minuten Fahrt.

Während wir den Kaffee schlürfen, schaue ich gespannt zu wie die Nachbarn ihr Dachzelt zusammenklappen. Wie das statisch funktioniert und wie das mit der Dachlast passt, ist mir schleierhaft. Aber irgendwie funktioniert es. Weder Zelt noch Auto brechen zusammen, und der Hund hat auch oben Platz.

Wir packen zusammen und fahren nochmal zum Kletterfelsen am Law. Ich hatte gestern eine Idee für ein Foto. Das Klettertraining hat sich dermaßen gelohnt, dass ich auf den Vorschlag hin keinen Vogel gezeigt bekomme sondern ungläubig ein „Ja, könnte gut aussehen“ höre.

Die Ledersohle leidet etwas, aber sonst einwandfrei😎 Macht sich definitiv besser am Fels als im Regal.

Die Zeit am Fels vergeht wie im Fluge und es ist Zeit aufzubrechen. Nach 20 Minuten sind wir am Campingplatz und checken ein.

Eigentlich wollten wir erstmal was essen, aber die Dusche ist dann doch wichtiger. Darauf mussten wir seit Dienstag verzichten.

Frisch geduscht machen wir eine kulinarische Entdeckung. Der Cranberry/Blueberry Crumble Cheese auf Sesambagel ist der Hammer. Die englische Küche ist unterschätzt.

Beim Einchecken erfuhren wir übrigens den Grund warum hier so viel los ist und es so schwer war im Großraum Edinburgh einen Camping- oder Stellplatz zu bekommen: In Edinburgh findet gerade das Fringe Festival statt. Den kompletten August durch wird die ganze Stadt zur Kunstbühne, Fressmeile und Kneipe und bietet unzählige Auftritte namenhafter Künstler. Die Einwohnerzahl ist diesen Monat verdoppelt und die Mieten vervierfacht. Jo, hätte man wissen können😬

Wir nehmen den Bus in die Innenstadt. Doppeldecker, oben, erste Reihe. Perfekt.

Im Doppeldecker nach Edinburgh

Ich Google mal was an Auftritten so geboten wird und finde C!rca. Die Compagnie kenne und schätze ich. Cool dass die da sind. Und der Hammer: In 2h ist Vorstellung und es gibt noch Karten. Ich schlage direkt zu.

Als der Bus ankommt, haben wir noch eine gute Stunde bis zur Vorstellung. Wir laufen direkt zum Spielort in einem Park mitten in Edinburgh. Es fängt an zu regnen. 20 Grad. Etwas Blitz und Donner. Für Schotten ist das Hochsommer und fast unerträglich heiß. Entsprechend sieht man T-Shirts, kurze Hosen und Kleider. Wegen dem bisschen Regen macht kaum einer einen Schirm auf. In Dortmund wäre die komplette Innenstadt schwarz mit Schirmen.

Einer von sehr vielen Spielorten

Wir warten bis zum Einlass im Bar Zelt. Es gibt Blue Moon Bier vom Fass. Ich bin begeistert. Das habe ich auf einer denkwürdigen Testfahrt in den USA kennengelernt.

Blue Moon

Das Bier macht hungrig, und natürlich gibt es auch einen Streetfoodwagen in der Nähe. Pulled Beef Chili 🌶. Lecker, aber für Ute zu scharf. Mehr für mich😋

Die Vorstellung ‚Humans 2.0‘ darf leider nicht fotografiert werden, ist aber klasse. Wer Tanz, Contemporary und Artistik mag, ist hier richtig. Was die Truppe drauf hat ist der Wahnsinn.

Kleine Auswahl

Nach der Vorstellung ziehen wir durch die Stadt. Überall gibt es was zu Futtern und Trinken und an jeder Ecke Vorstellungen und Einlassschlangen. Tolle Stimmung. Wir probieren das Kanadische Nationalgericht „Poutine“, was auf Pommes mit fettiger Sauce und Fleischgarnierung an Meerrettichcreme hinausläuft. Nicht 100% Ute‘s Fall, mehr für mich 😋

So langsam bekommen wir den Eindruck dass Fritten mit irgendwas drauf hier essenziell ist. An jeder Bude gibt es mindestens Fritten als Extra. Für uns erstmal wieder ein Blue Moon. Ute ernährt sich bis hierher hauptsächlich flüssig.

Am Crepestand wird Ute dann aber fündig. Crêpe mit Basilikum, Tomate und Mozzarella. Fritten hätte es auch dazu gegeben, wir lehnen ab. Für mich gibt es einen Crêpe mit belgischer Schoki. Sie meinen es gut mit mir und packen fast eine ganze Tafel rein. Ich platze fast. Wir bummeln noch durch die pulsierende Stadt und sammeln schonmal ein paar Eindrücke für den morgigen Tag. Der ist komplett für Edinburgh vorgesehen.

Einlasschlangen überall
Festung über der Stadt

Zu Studentenzeiten hatte ich mal Experimente mit Schokoriegeln und heissem Fett angestellt. Snickers frittiert im Blätterteig hat sich nicht durchgesetzt, aber wir waren verdammt nah dran und unserer Zeit um Jahrzehnte voraus. An jeder Ecke sehe ich jetzt das hier:

So gegen 22:00 wollen wir zurück, wissen nur nicht mehr wo wir ausgestiegen waren, wir mussten ja pünktlich zu Vorstellung im richtigen Stadtpark sein. So irren wir erstmal durch die nächtliche Stadt. Google hilft, und wir stellen mal wieder fest: ohne Handy wären wir aufgeschmissen.

Die Stadt scheint mehrere Ebenen zu haben, und das Wechseln dazwischen ist nicht immer einfach. Wir finden trotz gesperrter Brücke doch noch unsere Haltestelle.

45 Minuten später stehen wir an der Haltestelle am Campingplatz. Der Weg zurück ist stockdunkel, neblig und unbeleuchtet. Die Taschenlampenfunktion am Handy rettet uns. Ohne das wären wir mal wieder aufgeschmissen gewesen.

The Law

Der Hügel, der über dem Ort thront und oft im Nebel verschwindet, heißt hier „The Law“. Law ist ein altes Wort für einen runden kegelförmigen Berg und der Berg ist ein von Gletschern geschliffener ehemaliger Vulkanpfropfen, weiß die Infotafel. Der Übersetzer wusste das nicht. Gut dass es Infotafeln gibt.

Wir laufen da jetzt mal rauf. Da der Dicke unseren Platz für die Nacht freihält, müssen wir zu Fuß los.

Lady Ute auf dem Lady‘s Path

Der Weg zum Law führt über den Lady‘s Path und leider nicht durch den nächsten Pub wie ich Ute unglücklicherweise beibringen muss.

Es gibt zwar kein Ale, aber schön ist er trotzdem.

The Law

Kaum sind wir aus der grünen Hölle des Lady’s Path entkommen, thront The Law vor uns. Nachdem der Gletscher dran genagt hat, ist nur noch der harte Kern übrig und da gehen wir dann mal rauf.

Die Flanke des Pfropfens

Die Bäume am Hang sehen irgendwie nach Afrika aus, würde hier ein Elefant grasen, es würde mich nicht überraschen.

Schottische Savanne

Recht schnell gewinnen wir Höhe und können den Blick über die Gegend genießen. Gut, der Pfropfen ist jetzt nicht der Everest, aber 187m sind es schon.

Zwischenziel auf halber Höhe

Oben gibt es endlich mal eine Ruine mit freiem Eintritt und der Möglichkeit auch reinzugehen. Wir kosten das aus. Fotoshooting muss sein.

Die Komfortzone ist offensichtlich deutlich größer geworden 😎

Oben auf dem Gipfel steht seit 1709 ein Bogen aus einem Walkiefer. Seit 2007 ist es nur noch eine Replica aus Fieberglas, das Ding ist gigantisch. Wenn man sich den Wal dazu vorstellt kriegt man Angst, obwohl das wohl keiner war der Menschen fressen könnte, will man so einen nicht unter sich auftauchen sehen.

Walkieferbogen, Haps und weg…

Wir genießen die Aussicht und sonnen etwas. Nebenbei versuchen wir anhand der Sprache zu erkennen woher die anderen Besucher kommen. Spannend. An einer Mischung aus Spanisch und osteuropäisch scheitern wir.

Suchbild: Berwick, Ruine von gestern und Vogelfelsen. Und der Dicke ist auch zu erahnen.

Viel länger wollen wir den Dicken nicht auf uns warten lassen und machen uns auf den Rückweg. Ein Reh schaut zu uns rüber und grast dann weiter. So ein abgebrühtes Exemplar haben wir bisher noch nicht gesehen.

Als nächste Hürde steht uns eine Herde Pferde im Weg. Wir müssen irgendwie dran vorbei. Schließlich stehen wir mitten auf ihrer Weide. Man beäugt sich. Es ist aber noch warm genug so dass keiner von uns unnötige Bewegungen machen will, und so werden wir nur mit vielen Pferdeaugen verfolgt.

Träge Pferde sind hier mal gute Pferde.

Der direkte Weg (😎) führt uns über eine Festivalwiese. Das Zelt hatten wir von oben schon gesehen und gehört, jetzt stehen wir davor. Es gibt Bier und Foodtrucks. Wir haben Hunger und Durst: Passt.

Billig ist es nicht, aber was soll’s. Dafür gibt es exotische Brockoli- und Katsu-Burger zu schottischem Bier. Leider schnell leer so ein Becher.

Bei den Burgern lassen wir uns bewusst Zeit um in kleinen Bissen zu essen und zu genießen. Hätte man auch in einem 11 Pfund Haps erledigen können und dabei ist mit Pfund hier nicht das Gewicht gemeint😬.

Wir laufen am Strand lang vom Festival in Richtung Bus. Der erste Strandparkplatz ist mit WoMo Filter ausgestattet und das offenbar sehr effektiv. Kein einziges WoMo. Dafür aber eine fast reinrassige Bulliparade. Das ist der Grund warum VW unter 2m geblieben ist beim Bulli.

Bulliparade

Zurück am Bus ist Zahltag. Erste Reihe Blick auf‘s Meer. Rückbank, Wein und Linsenchips. Nach hinten lehnen und genießen.

Haben wir es gut 😊

Nur die Scheibe müssten wir mal putzen. Heute aber nicht mehr.

Gute N8

Gift und Gegengift

Der vergiftete Abend zieht sich. Es ist ein Hin und Her. Sobald einer von uns auf Kompromiss schaltet, ist der andere wieder auf Angriff. Und alles nur weil‘s mal nicht läuft wie gewünscht.

Gekrönt wird der Abend von einer mobilen Disco der Dorfjugend, die sich anscheinend genau unseren Stellplatz ausgesucht hat um noch im Auto laute Musik zu hören. Prima. Wir sitzen das unten aus und sinnieren über Methoden das Ganze schnell zu beenden. Wir müssen keine davon anwenden, kurz nach 12 reist die mobile Disco ab und wir haben unsere Ruhe.

Am Morgen danach sind wir immer noch latent angefressen von gestern. Wir packen die Klettersachen und gehen 5 Minuten bis zur Wand des Berges. Es gibt hier ein paar schöne Sportkletterrouten. Perfekt eingebohrt und nicht zu schwer.

Ute klettert direkt mal ne 5er Route im ersten Anlauf durch. Danach gleich noch ne Variante links davon. Vor Staunen vergesse ich den Gipfelschnaps, was nicht unbemerkt bleibt. Mal sehen wie ich das wieder gut gemacht kriege…

Nachdem jeder 3 Routen geklettert ist, stimmt die Hirnchemie wieder. Wir konzentrieren uns auf die schönen Sachen und gehen erstmal einkaufen.

Der Stellplatz mit der Hammer Aussicht lockt uns, die Dorfdisco brauchen wir auch nicht nochmal. Wir fahren nochmal hin und natürlich ist alles voll.

An der Zufahrt ist noch ein Standplatz frei und wir stellen uns erstmal hin, Warteposition sozusagen. Ziemlich schräg, aber schon mit top Aussicht.

Tür auf, Futter auf den Tisch und Mittagsvesper.

Als wir gesättigt und wieder ganz wir selbst sind, wird oben ein Platz in der ersten Reihe frei. Wir stellen den Dicken hin und sichern uns damit den Platz für die Nacht. Ein kleiner Spaziergang die Küste lang erklärt die Beliebtheit des Parkplatzes. Hier gibt‘s noch einen schönen Strand.

Auch uneinsehbare Winkel entdecken wir in erträglicher Nähe, so können wir uns entspannt dem Rest des Tages widmen.

Wenn man sich in relativ belebten Gegenden aufhält, ist es immer gut zu wissen dass für die Nacht vorgesorgt ist.


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