Annäherung an‘s Meer

Um Ute‘s Knie eine Pause zu gönnen steht heute nur die Fahrt in Richtung Sheeps Head auf dem Programm. Wir schlafen erstmal aus.

Nach einem Kaffee machen wir uns auf den Weg nach Süden. Die Wanderung am Sheeps Head endete 2017 mit einem Bänderriss, und blieb somit unvollendet. Da das Abschließen unvollendeter Sachen sich irgendwie durch diesen Urlaub zieht, ist der Plan auch den Sheep‘s Head Way diesmal ganz zu laufen.

Wir haben einen Campingplatz in der Nähe gefunden, der noch dazu mit ausgezeichneten Paddelmöglichkeiten wirbt. Eagle Point Camping klingt cool, bis Google Maps es wörtlich in‘s Deutsche übersetzt.

Nach 5 Tagen Wildcampen wäre auch eine Dusche mal wieder ganz nett und so fahren wir zum Adler Punkt Camp. Wir bekommen einen schönen Platz direkt am Wasser.

Der Wind weht recht kräftig, wir drehen den Bus nochmal um, um im Windschatten Vespern zu können.

Vesper mit Aussicht

Im Anschluss fülle ich Wasser nach. Wir sind in den letzten 5 Tagen zu zweit mit 24 Litern ausgekommen, während der Durchschnittsverbrauch bei 126 Litern pro Person und Tag liegt. Ein bisschen holen wir das jetzt nach. Spülen und Duschen kam zuletzt etwas zu kurz.

Ohne einen konkreten Plan für den Tag schauen wir uns die Umgebung an und erkunden den Ausläufer der Landzunge auf der der Platz liegt.

Nach der Wiese folgt schroffes Gelände. Da grad Ebbe ist kann man zu einer vorgelagerten Insel rüberlaufen. Ideales Testgelände für geschundene Knie.

Das Knie macht erstmal mit, und wir können die Insel erkunden. Die Oberfläche sieht grasig aus, aber man sinkt mit einem knisternden Geräusch recht tief ein. Ich mit meinen großen Füßen nicht ganz so weit wie Ute, aber das Geläuf ist durchaus gewöhnungsbedürftig und interessant. Das hatten wir bisher auch noch nicht.

Ein paar Meter weiter zeigt sich mal wieder das Irland alles hat, was anderswo zu Instahotspots wird. Nur etwas kleiner und entsprechend nicht überlaufen.

Wir präsentieren:

Das irische Azure Window

Ein bisschen Influencer Posing muss dann auch noch sein. Ute gibt Anweisungen und ich stehe, bzw. laufe Modell. Warum sollte der Fotograf laufen, wenn man alternativ auch das Modell laufen lassen kann?

Noch etwas weiter rechts bitte😁

Zurück am Bus stellt sich die Frage, was tun mit dem Rest vom Tag?

Direkt bei Ankunft hatte ich schonmal das Boot aufgepumpt um ganz dezent einen Hinweis zu setzen, was man hier tun könnte. Der Wind ist zwar auflandig aber recht kräftig, was zu weißen Schaumkrönchen auf den Wellen führt. Ute schließt kategorisch aus, bei diesen Bedingungen in‘s Kayak zu steigen. Immerhin ist das hier der Atlantik.

Direkt an unserem Platz ist eine kleine Bucht, erst wenn man sie verlässt, ist man dem Wind und den Wellen komplett ausgesetzt. Man könnte da ja mal eine Runde auf dem flachen Wasser drehen und schauen wie das so ist.

Der Vorschlag ist akzeptabel und wir tragen das Boot ans Wasser und steigen ein. Der Wind drückt uns spürbar ans Ufer, aber das lässt sich ohne Probleme mit leichten Paddelschlägen handhaben.

Ich steuere in Richtung Ausgang der Bucht. Ute erkennt das Vorhaben sofort und bremst mich ein. Abgemacht war nur die Bucht.

Wir tasten uns langsam ran. Richtung Ausgang paddeln und Ute bestimmt den Umkehrpunkt. Zurück im sicheren Hafen Lage checken und das Ganze nochmal.

So wird klar dass der Rückzug möglich ist und wir uns langsam vortasten können. In kürzester Zeit biegen wir aus der Bucht in den offenen Teil des irischen Minifjords ein.

Wann immer man einen solchen Schritt aus der Komfortzone wagt, befindet man sich in unbekannten Gewässern. Die Aufgabe ist dann Schritt für Schritt Sicherheit zurückzugewinnen und sich dabei nicht von der Angst zu dummen Entscheidungen verleiten zu lassen.

Angst ist sehr gut geeignet auf potenziell gefährliche Situation aufmerksam zu machen, sie ist jedoch kein guter Ratgeber was dann zu tun ist.

Nachdem wir getestet haben ob wir auch gegen den stärkeren Wind und die Wellen ankommen und der Test positiv ausfällt, ist die Angst überraschend schnell überwunden und Ute glaubt selbst kaum wieviel Spaß ihr das Paddeln auf dem Atlantik bereitet.

Die Wellen sorgen für eine leichte Achterbahnfahrt und den ein oder anderen Wassereinbruch in‘s Boot.

Trotz nasser Hose drehen wir noch drei immer größer werdende Runden vor der Bucht, bevor wir ziemlich durchnässt und mit einem breiten Grinsen anlanden.

Die Zeit zwischen „Auf gar keinen Fall paddel ich auf dem Meer“ bis „ich hätte nicht gedacht dass mir das soviel Spaß macht“ beträgt noch nicht mal 30 Minuten.

Klar dass nach so einem Erlebnis der Hunger anklopft. Wir drehen den Bus mit dem Heck in den Wind und kosten irischen Käse aus der Region und stellen fest dass es hier neben dem obligatorischen Cheddar tatsächlich auch echt leckeren Käse gibt.

Mit dem Heck im Wind hoffen wir auf eine ruhige Nacht ohne flatternden Zeltbalg. Im Moment sieht es mal ganz gut aus, von Oben höre ich schon leises Schnarchen.

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