Abenteuer unter Tage

Angeschlazt, mit der Ausrüstung im Schleifsack und mit gestärktem Mut sind wir schnell wieder am Eingang zur Unterwelt.

Das gähnende Loch, eine Doline also ein Einbruch der Decke einer Höhle bis zur Oberfläche ist unser Einstieg in diese Kalksteinhöhle.

Wir richten eine Abseilstelle ein, aber die gespannten Nerven verlangen nach einem Seilgeländer um bis an den Rand zu kommen. Auch das ausgewählte Abseilgerät verursacht Bedenken, zuletzt hatten wir immer ein Anderes verwendet. So pilgern wir noch ein paarmal zurück zum Bus, bis die Ausrüstung perfekt und der Zustieg ausreichend gesichert sind. Zum Glück ist es nicht weit zum Bus. So dauert es nicht allzu lange bis es keine Ausreden mehr gibt und der Abstieg in die Doline bevorsteht.

Just in dem Moment erspäht Ute am Grund des Schachts einen großen Knochen. Die angespannten Nerven wittern ein Ventil und entladen die Anspannung. Da liegt bestimmt eine tote Kuh, da geh ich nicht runter. Alles zureden nützt nichts, ich gehe vor und bestätige dass da keine verwesende Kuh auf Ute wartet. Wieder oben ein neuer Versuch, nicht ohne eine handfeste Drohung: „wenn da unten irgendwas auf mich lauert was mich ekelt, komm ich rauf und klatsch Dir eine!“

Ich erwähne noch schnell den vergitterten zweiten Gang, der unten in Sicht kommen wird, und hoffe dass ich nichts übersehen habe. Den Knochen hatte ich schon aus dem Sichtbereich entfernt, aber wer weiß ob da nicht noch irgendwo einer im Schatten liegt..

Unten angekommen warte ich einen bangen Moment dass Ute das Seil raufgeflitzt kommt und mir eine klatscht, aber alles bleibt ruhig. Ich komme nach und sichere das Seil unten gegen Abziehen von oben. Wir wollen ja auch nachher wieder hier rauskommen.

Der Abgleich der Befürchtung mit der Realität fällt wie so oft aus: Alles nicht so schlimm wie man sich das vorgestellt hat. Entspannung setzt ein und das Abenteuer kann beginnen. Die Neugier übernimmt das Ruder und wir steigen den Schuttkegel hinab in den Hauptgang der Höhle.

Nach dem Schuttkegel der Doline geht es direkt mit Sinterschmuck los, Ute assoziiert Eingeweide und irgendwie stimmt das ja auch, wir sind in den Eingeweiden der Erde. Ich finde diese Art Sinter schön, Ute nicht, dafür findet sie Gefallen an der Deckenstruktur. Zum Glück bleibt es bei der tolerablen Variante von „gefällt mir nicht“, Ekel oder Angst sind nicht involviert und ich werde bekomme keine geklatscht. Puh!

Recht bald gibt es kleinere Hürden zu überwinden, die auch mal in der Breite schmaler werden, Felskontakt ist unvermeidlich. Wieder Erwarten stellt das absolut kein Problem dar. Damit hatte ich nicht gerechnet. Wieder ein Fall von die Realität ist eigentlich immer anders als erwartet. Wir sprechen das im Anschluss durch. Was ich als Engstelle bezeichne empfindet Ute als unproblematisch: „ist doch rundherum und vor allem Oben genug Platz“. Ich bin mal wieder baff.

Die nächste Stelle wird von oben enger, aber auch da rutscht Ute ohne Probleme durch. In der folgenden Kammer schleichen sich aber Zweifel in die Gedanken, ob das zurück ebenso leicht geht. Und ganz so luftig wie bisher ist es hier auch nicht.

Wir bestaunen noch etwas den Sinter und beschließen den Rückweg anzutreten.

Da man in den allermeisten Höhlen den selben Weg zurück nehmen muss, den man hineingegangen ist, sammeln sich unterwegs immer mehr Zweifel im Unterbewusstsein an. Geht die Stelle rückwärts genausogut wie auf dem Weg rein? Schaffe ich diese Kletterei, finde ich den Weg zurück? Ohne es bewusst wahrzunehmen legt sich das dann gerne auf das Wohlbefinden und zeigt sich in Form von Beklemmungen oder auch mal wahrgenommener schlechter Luftqualität.

Mit der Luft ist alles in Ordnung, und kaum sind wir durch die zweifelhafte Stelle problemlos zurück, ist das Wohlbefinden wiederhergestellt.

Der Weg zurück stellt sich dann auch deutlich kürzer dar, als der Weg hinein. Ein weiteres Mal zerschellen Vorstellungen und Befürchtungen an der Realität.

Ehe wir uns versehen blicken wir in‘s Tagelsicht.

Das Abenteuer ist erlebt, die Mundwinkel streben nach oben und das Leuchten in den Augen zeigt sich. Well Done!

Kaum am Auto angekommen traue ich mal wieder meinen Ohren kaum. Ute überlegt ob wir morgen nicht gleich nochmal einsteigen und die Höhle weiter erkunden. Da ist wohl jemand auf den Abenteuergeschmack gekommen 😎

Abschlazen und schnell das Abendessen zubereiten. So ein Erlebnis verlangt nach einem ordentlichen Abschluss.

Raclette, Rotwein und gute Gespräche über das Erlebte runden den Abend ab. Das erste Outdoor Mahl in 2024 war ein denkwürdiges.

Bald wird es kalt und Regen ist angekündigt. Wir ziehen dem Bus die Regenhaube über und verlagern den Abend nach innen. Ein Tee zur Guten Nacht, dann legen wir uns hin.

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