Kipp-Punkte

Es ist schon nach sieben Uhr, einen Campingplatz wollen wir nicht mehr ansteuern, nur für eine Nacht lohnt sich das nicht, wenn es schon so spät ist. Wir finden einen Schotterparkplatz an der Straße. Nicht so schön, aber es ist eh bald dunkel und zu kalt, um draußen zu essen und etwas von einer schöneren Umgebung zu haben.

Ute hat einen neuen Lieferanten für Dosenessen ausgemacht und wir wollen die Rouladen testen. Die Rouladen von Metzger Pfeil waren ernüchternd klein, die neue Dose macht mehr her. Auch der Inhalt sieht nach zwei ganzen Rouladen aus. Klein zwar, aber geht als Roulade durch. Dose auf und riecht gleich lecker ist ein weiterer Pluspunkt.

Dazu soll es Reis geben und Dosengemüse. Viele norwegische Bezeichnungen kann man schnell einem deutschen Wort zuordnen. Epler sind beispielsweise? Richtig! Äpfel.

Erter og gulrøtter ist nicht ganz so leicht zu erraten, aber wenn man weiß was es ist, macht es schon Sinn 😁

Jetzt haben wir nur ein Problem. Wie bekommen wir alles zeitgleich heiss, ohne es schon vorab zu vermengen? Unser Herd hat 2 Flammen, und der dritte Topf ist viel zu groß. Es hätte bestimmt eine akzeptable Lösung gegeben, aber wir haben ja noch den mobilen Gaskocher für die Zeltexkursionen dabei!

Die Zubereitung klappt wunderbar, und wir haben ein fürstliches Menü auf dem Tisch. Dazu laden wir natürlich auch den Conte di Campiano ein!

Das war wirklich nötig und wir fühlen uns fast ganz rund. Im positiven Sinne. Genug Wein, genug essen, rund eben. Aber es fehlt noch die Füllung für den süßen Zahn. Wir haben noch ein Stück Eplekake, dazu kochen wir einen Kaffee.

Wir nähern uns der vollkommen Rundung und erreichen einen Kipp-Punkt. Eine Tasse heißen Kaffee‘s kippt um und läuft Ute über Arm und Bein. Großes Geschrei und ich brauche eine gefühlte Ewigkeit, um durch den adeligen Schleier aus Rotwein zu realisieren, dass das nicht nur der Schreck ist. Von jetzt auf gleich bin ich nüchtern und wir setzen die erste Hilfe Maßnahmen um. Wir haben eine Verbrennung ersten Grades am Arm, das Bein ist zum Glück nicht zu heiss geworden. Kühlen und dann steril abdecken. Die Spezialpflaster für Verbrennungen sind viel zu klein, eine Kompresse muss herhalten. Als der erste Schreck überwunden ist, sortieren wir die Analgetika. Sollte es nötig sein, haben wir alles dabei, was für so einen Fall empfohlen wird. So vorbereitet ist es Zeit für‘s Bett. Die Verbrennung wirft keine Blasen, mehr können wir jetzt erstmal nicht tun. Ibu ermöglicht einen guten Schlaf.

Den nächsten Kipp-Punkt erreichen wir in der Nacht. Gegen 4 Uhr hören wir komische Geräusche um den Bus herum. Als würde irgendjemand oder irgendetwas sehr schnell und laut hin und her rennen. Die Anspannung kippt sehr schnell, als wir die Geräuschquelle sehen.

Ein junger Fuchs versucht uns anscheinend zum Spiel zu animieren, oder absolviert eine Mutprobe.

Er hockt am Waldrand und rennt dann wie abgestochen auf den Bus zu, nah dran vorbei und wartet dann kurz am Waldrand auf eine Reaktion. Dann geht‘s wieder zurück. Wir grinsen und legen uns wieder hin. Der verbrannte Arm hat sich etwas beruhigt und wir kommen ohne weitere Schmerzmittel aus. Ein paarmal hören wir den kleinen noch hin und herflitzen, dann wird es ihm wohl zu langweilig und wir haben den Rest der Nacht Ruhe. Aufregung hatten wir heute definitiv genug.

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