Hardangervidda, Tag 3
Auch die zweite unbequeme Nacht erfüllt ihren Zweck und macht uns fit für die letzte Etappe.

Im Morgenlicht wirken die vom Gletscher abgelagerten Brocken besonders fragil und bereit, jederzeit herabzukullern.

Direkt nachdem wir loszogen, begegneten wir bereits einer Dreiergruppe Schafe. Anders als in Irland sind die Schafe hier deutlich weniger und meistens zu dritt unterwegs. Sie sind außerdem nicht so scheu wie die irischen. Eines der Drei am ersten Tag kam sogar zu Ute und schnupperte.
Jetzt werden wir von 3 Schafen verfolgt. Bleiben wir stehen, folgen sie bis auf wenige Meter an uns heran und bleiben dann unschlüssig stehen. Gehen wir weiter, rücken sie nach. Es dauert eine Weile, ehe wir begreifen, dass wir ihren Weg blockieren und sie gern vorbei wollen.
Wir gehen zur Seite und die Truppe prescht an uns vorbei. 200m weiter erkennen wir den Grund. Man trifft sich dort zum Frühstück am Salzleckstein. So viele Schafe auf einem Haufen haben wir hier bisher noch nicht gesehen.
Um halb 12 erreichen wir die Badestelle bei Hedlo, uns ist lang nicht so warm wie beim letzten Besuch hier, aber das Bad muss sein. Dazu ist es hier einfach zu schön. Warm ist das Wasser nicht, aber umso erfrischender.

Sogar eine Wasserrutsche gibt es.

Hier gibt es auch nochmal eine der von Ute hochgeschätzten Brücken. Das Garmin rechnet einen alternativen Rückweg zum Parkplatz aus, der genau da rüber geht, das probieren wir aus. Recht schnell kommen wir an eine Abzweigung, die es nicht gibt. Den Pfad den wir gehen sollen erkennen wir nicht.
Ute kommt in den Genuss einer weiteren wackeligen Brückenquerung und wir sind froh, nicht die 3km kürzere Route auf dem Hinweg gewählt zu haben. Die gibt es vermutlich wohl auch nicht.

Der letzte Anstieg vor dem Parkplatz ist nochmal hart. Es waren „nur“ knapp 15km heute, aber an Tag 3 sind wir nicht mehr ganz so frisch, wie an den beiden vergangenen Tagen. Die regelmäßige Ansage der Restmeter zum Parkplatz motivieren Ute‘s Beine noch über den Berg.
Wenn die Kondition zur Langsamkeit zwingt, schärft das den Blick für die Preziosen am Wegesrand. Ute entdeckt einen Ahorn. Nach Büschen und Birken eine absolute Rarität.

Dann treffen wir 2 deutsche Backpacker, die ihren Hochzeitstag in der Hardangervidda mit einer langen Tour gefeiert haben, sich dann aber eine Lebensmittelvergiftung einfingen. Sie haben sich die letzten Tage bis hier geschleppt und sind sehr froh zu hören, dass es nur noch 600m bis zum Parkplatz sind und wir sie ggf mit runter nehmen können.
Es gab anscheinend dieses Jahr mehrerer solcher Fälle, man vermutet das Wasser als Ursache, weil davon so ungewöhnlich wenig fließt. Die zwei benutzten auch einen Filter und hatten eher das Essen im Verdacht. Wir erinnern uns, dass die Lebensmittel aus der Hütte fast alle abgelaufen waren und horchen in den Bauch, ob da was grummelt. Ist aber noch alles gut. Wir sind erleichtert.
Wir gehen vor und schauen erstmal nach dem Bus. Der Dicke ist noch da! Jetzt sind wir wieder vereint und das Abenteuer liegt hinter uns.

Wir klatschen ab und warten was passiert. Fühlt sich komisch an. Irgendwie haben wir noch nicht begriffen, was wir da gemacht haben.
Ich starte die Drohne für einen Blick zurück auf den Hårteigen, das Versteckspiel wollen wir gewinnen. 260 Meter muss ich aufsteigen bis sich der Berg in der Landschaft durch die wir gewandert sind zeigt. Die Dimensionen erscheinen gewaltig. Es ist wohl gut, dass man das Ziel nicht schon am Start erkennen kann.

Da wir noch nicht sicher waren, ob wir noch eine Nacht bleiben wollen, sind die zwei Backpacker schonmal vorgelaufen. Wir holen sie bald ein und nehmen sie mit runter in die Zivilisation nach Eidfjord.
Vor dem Supermarkt fängt uns ein Kieler ab, den es der Liebe wegen nach hier verschlagen hat. Er ist sehr froh, sich mit Landsleuten austauschen zu können und erzählt aus seinem Leben.
Wir fühlen uns noch fit und beschließen die 3 Stunden nach Brekke zu fahren. Ausspannen am Fjord klingt jetzt sehr verlockend.
Die Fahrt beansprucht nochmal die ganze Aufmerksamkeit und ich merke, dass ich so ganz taufrisch nicht mehr bin. Nach 90 Minuten bin ich froh über einen Fahrerwechsel und filme lieber die spannende Strecke.
Vorausschauendes Fahren ist in Norwegen sehr wichtig, nicht ohne Grund ist das Tempolimit meist bei 80.

Auf einspurigen engen Strassen sind 300km hier eine gute Tagesetappe. Damit rechnet man als Norwegen Neuling nicht, aber wir kennen das ja bereits.
Der Campingplatz am Fjord ist toll, die Sonne scheint und wir hängen das nasse Zeug zum Trocknen auf.

Dann wollen wir uns endlich für die Tour belohnen und gehen in‘s Restaurant am Platz. Turid kocht uns Fish & Chips und serviert uns ein Bier dazu.

So richtig angemessen fühlt es sich nicht an, aber es ist lecker und die Aussicht auf den Fjord ist traumhaft.
Abends im Bus gibt‘s nochmal einen Kaffee und Schoki zur Feier des Tages, auch das entspricht nicht der Erwartung an eine Belohnung für so eine Tour.

Wir kriechen in‘s Dachzelt und genießen die erste bequeme Nacht seit Tagen. Eine Nacht im Bus würden wir gegen Nichts anderes tauschen wollen.
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